Verfahren wegen Körperverletzung gegen Stefan Fahrenbach vom Amtsgericht Suhl eingestellt

Am 19.09.2016 verhandelte das Amtsgericht Suhl in der Strafsache gegen Stefan Fahrenbach wegen Körperverletzung. Das Verfahren wurde eingestellt, nachdem sein Verteidiger stellvertretend für den nicht erschienenen Angeklagten eine Erklärung abgab.

Im November 2015 wurde eine Suhler Antifaschistin in der Nähe ihrer Wohnung von Stefan Fahrenbach zunächst ins Gesicht geschlagen und dann zu Boden gezogen. Daraufhin trat er mehrmals auf sie ein und bedrohte sowohl sie als auch ihre Familie mit dem Tode. Auch an den darauffolgenden Tagen begegnete sie dem Täter mehrfach in ihrem Alltag, was für sie die Bedrohung besonders belastend machte. Das Verfahren am Amtsgericht Suhl endete nach mehreren Terminverschiebungen mit einer Einstellung. Der Angeklagte Fahrenbach blieb mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Prozess fern und galt als unentschuldigt. Im Vorfeld legte er gegen den vom Gericht festgesetzten Strafbefehl Einspruch ein, deshalb kam es überhaupt zum Prozess. Der Verteidiger Alexander Held ließ im Gerichtssaal verlauten, dass der Einspruch zurückgenommen wird. Da der Strafbefehl einer anderen von Fahrenbach begangenen Straftat höher lag als der für die Körperverletzung festgesetzte Strafbefehl, wurde das Verfahren gemäß §154 StPO eingestellt.

Aus Sicht der Betroffenen ist die Entscheidung der Staatsanwaltschaft und des Gerichtes mehr als enttäuschend. Zu Beginn stellte insbesondere der mehrmals verschobene Prozesstermin eine große Belastung dar. Durch die unzureichende gerichtliche Aufarbeitung wurde der Betroffenen die Möglichkeit genommen, öffentlich und in Anwesenheit des Täters über den Angriff zu sprechen und ihn erneut mit den Folgen, die er für sie hatte, zu konfrontieren. Fahrenbach ist derzeit einer der 15 Angeklagten im Ballstädtprozess, der seit Dezember 2015 am Landgericht Erfurt verhandelt wird und muss sich hier unter anderem wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verantworten.
Auch im Hinblick auf die laufende gerichtliche Aufarbeitung dieses brutalen Angriffs ist es nicht verständlich, dass das Gericht hier einen Strafbefehl beschließt. Die Opferberatung ezra hat in den letzten Monaten in verschiedenen Fällen beobachtet, dass Verfahren mit einem Strafbefehl verkürzt werden. Diese werden zum Teil in einer Höhe festgelegt, die keinen Eintrag ins Bundeszentralregister der Täter_innen zur Folge hat. In möglichen folgenden Strafverfahren erhält das Gericht daher oftmals keine Kenntnis über solche Straftaten. Für die Betroffenen, die sich durch die Verhandlung eine Aufarbeitung der Tat wünschen, ist ein solches Vorgehen enttäuschend und gleicht oftmals einer Bagatellisierung des Angriffs.

Im Falle Fahrenbach am Amtsgericht Suhl hatte auch das unentschuldigte Fehlen des Angeklagten keinerlei Konsequenzen. Am Ende wurde lediglich dem Antrag stattgegeben, ihm die Kosten der Nebenklage aufzuerlegen.

Zur Dokumentation: Pressemitteilung der Nebenklage vom 18.08.2016

Thüringer Verfassungsschutz behindert weiterhin Aufklärung im Ballstädt-Verfahren
Nebenklage rekonstruiert geschwärzte Dokumente des Verfassungsschutzes

Göttingen/Jena, den 18.08.2016

Im sog. Ballstädt-Verfahren enthält der Thüringer Verfassungsschutz (VS) auch weiterhin dem Landgericht Erfurt wichtige Unterlagen vor. Zwar übermittelte der VS in Reaktion auf eine verwaltungsgerichtliche Klage der Nebenkläger vor dem Verwaltungsgericht Weimar vom 28.06.2016 nun an das Landgericht Erfurt am 18.07.2016 einige Dokumente.
Diese Dokumente sind aber an entscheidenden Stellen geschwärzt, so dass der Vorsitzende Richter am Landgericht Pröbstel bereits den Nutzen der Dokumente für das Strafverfahren anzweifelte und den Verfassungsschutz hierfür in der gestrigen Verhandlung öffentlich kritisierte.

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Ortstermin Ballstädt (29.06.’16) und Pressemitteilung der Nebenklage

Statt eines Verhandlungstermins im Landgericht waren alle Prozessbeteiligten sowie einige ZuschauerInnen am 29.06.2016 in Ballstädt, um sich den Tatort und dessen Umgebung anzusehen.
RAin Kristin Pietrzyk und RA Sven Adam erklärten dort, dass sie im Namen ihrer MandantInnen, die bei dem Überfall verletzt wurden, Klage gegen das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz erhoben haben. Die vollständige Pressemitteilung  kann hier nachgelesen werden.
Darüber hinaus hat das Gericht neue Verhandlungstermine bis zum 21.12.2016 festgesetzt.

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Nachtrag zum Verhandlungstermin am 18.05.2016

Wie den Pressemeldungen zu entnehmen war, wurden am 18.05. die zum Teil erheblichen Vorstrafenregister der Angeklagten verlesen. Darüber hinaus berichtete ein Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe von seinem Gespräch mit dem Angeklagten Baudler, welcher zum Tatzeitpunkt erst 18 Jahre alt war. Aus diesem Grund empfahl er die Anwendung des Jugendstrafrechts, sollte es zu einer Verurteilung gegen den heute 21-Jährigen kommen.

Über die Vorstrafen einiger Angeklagter wurde ebenfalls bereits in einem ausführlichen Artikel in der TLZ berichtet, der auch das fröhliche Auftreten vieler Angeklagter im Gerichtsaal sowie deren Affinität zu Kleidung aus der Neonazi-Szene und mit gewaltverherrlichenden Motiven thematisierte.
Lediglich die Darstellung, alle 15 Angeklagten wäre bisher nur zu Geld- oder Bewährungsstrafen verurteilt worden, ist nicht korrekt. So verbrachte nicht nur der Hauptangeklagte bereits eine beachtliche Zeit hinter Gittern, auch mindestens drei seiner Mitangeklagten verbüßten bereits Haftstrafen.

Abschließend empfahl Oberstaatsanwalt Kästner-Hengst den VerteidigerInnen in einer Erklärung, ihren MandantInnen gegenüber doch noch einmal die Veröffentlichung von deren persönlichen Verhältnissen anzusprechen. Sollten die Angeklagten sich auch in diesem Punkt weiterhin wenig auskunftsfreudig zeigen, werde das Gericht gegebenenfalls Familienangehörige oder Arbeitskollegen als Zeugen laden und hierzu befragen.
Der Vorsitzende Richter bestätigte auf ungläubige Zwischenrufe, auch in anderen Fällen habe die Kammer bereits Verwandte oder Vorgesetzte von Beschuldigten vorgeladen und zu deren persönlichen Verhältnissen befragt.

Am kommenden Mittwoch, den 01.06.2016 wird der Prozess wie gewohnt um 09:30 mit Zeugenvernehmungen fortgesetzt.

 

Verband der Beratungsstellen kritisiert Zurschaustellung von neonazistischen Symbolen im Ballstädt-Prozess

VBRG kritisiert offene Zurschaustellung von einschlägig neonazistischen Symbolen und Kleidungsmarken im sogenannten Ballstädt-Prozess am Landgericht Erfurt

Im sogenannten Ballstädt-Verfahren tragen die Angeklagten immer wieder ihre Gesinnung durch rechte, teilweise gewaltverherrlichende Bekleidung offen zur Schau. Dazu gehören u.a. Kleidungsstücke der Marken „Thor Steinar“, „Ansgar Aryan“ sowie Schriftzüge wie „Volksgemeinschaft“ und „Rock against Communism“ (RAC). Einer der Angeklagten hatte am zehnten Verhandlungstag ein Maschinengewehr auf seinem T-Shirt. Bereits in einer der vorangegangen Termine prangte eine ausgestreckte Faust mit der Aufforderung „Support your local Hooligan Mob“ vom Pullover eines Angeklagten.

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Nebenklage kritisiert Ermittlungsbeamte des LKA Thüringen

Nach zehn Verhandlungstagen in dem sogenannten Ballstädt-Verfahren sieht sich die Nebenklage veranlasst, auf ein desolates Aussageverhalten ausgerechnet der an den Ermittlungen beteiligten Beamten des LKA Thüringen hinzuweisen. Nahezu durchweg sind die Beamten der sogenannten BAO Zesar (Besondere Aufbau Organisation – Zentrale Ermittlungen- und Strukturaufklärungen – Rechts) auf die Vernehmung nicht vorbereitet und bekunden beachtliche, die Beweisaufnahme gefährdende Erinnerungslücken.
Am heutigen zehnten Verhandlungstag war es zum wiederholten Mal zu einer Aussage eines LKA-Beamten gekommen, die aufgrund mangelnder Vorbereitung und damit mangelnder Erinnerung zu so gut wie keinem Beweiswert geführt hat.

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Was sind eigentlich… Befangenheitsanträge?

BIslang konnte man im Ballstädt-Verfahren beobachten, dass insbesondere ein Verteidiger das Recht Befangenheitsanträge zu stellen exzessiv nutzte. Neben der erheblichen zeitlichen Verzögerung, die diese Anträge nach sich ziehen, dienen sie auch in keinster Art und Weise einer konstruktiven Verhandlung. Neben dem berechtigten Interesse, einen vorurteilsbelasteten Richter abzulehnen, stellen sich die im Verfahren bislang gestellten Anträge jedoch allein als verfahrensverzögernd intendiert dar. 

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Wolfram Nahrath ebenfalls Verteidiger im Prozess um Konzentrationslager-Tattoo

Vor einigen Wochen machte, erst in den sozialen Medien und wenig später auch in vielen Zeitungen und deren Online-Angeboten, ein Foto von einem Neonazi in einem Spaßbad in Brandenburg die Runde. Seinen Rücken zierte eine großflächige Tätowierung, die die Umrisse eines Konzentrationslagers sowie den Spruch „Jeden das seine“ darstellte, der auf dem Eingangstor des Konzentrationslagers Buchenwald zu finden ist. Erst durch diese mediale Aufmerksamkeit wurde Strafanzeige erstattet, im Schwimmbad selbst schienen sich die wenigsten Gäste an dem Motiv zu stören.

Gestern wurde Marcel Zech wegen dieser Tätowierung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Verteidiger in diesem Verfahren: Wolfram Nahrath. Details zur Verhandlung gibt es bei Sören Kohlhuber:

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Hintergrund: Das „gelbe Haus“

Das sogenannte „gelbe Haus“, das alte Bäckereigebäude in der Hauptstraße in Ballstädt, steht im Zentrum der Berichterstattung über den Ballstädt-Prozess. Immerhin hatte einer der Täter direkt auf eine in dem Objekt beschädigte Fensterscheibe Bezug genommen, bevor er begann auf die Gäste der Kirmesgesellschaft einzuschlagen. Bereits vor dem Überfall war jedoch im Ort und darüber hinaus bekannt, welches Publikum das gelbe Haus nicht nur als Wohnraum, sondern auch als Szene-Location für Konzerte und andere Veranstaltungen nutzt. Weiterlesen