An diesem Verhandlungstag wird die Beweisaufnahme geschlossen. Die Staatsanwaltschaft beginnt mit ihrem Plädoyer und fordert im Rahmen der Absprachen bis zu vier Jahre für den Angeklagten Thomas W. auf Bewährung. Die Nebenklage plädiert nicht, da in ihren Augen das Gericht weiterhin befangen ist und äußert sich in einer späteren Pressemitteilung ausführlich dazu. Anschließend plädiert die Verteidigung der Angeklagten. Diese lobt zum Teil das Plädoyer der Staatsanwaltschaft, greift die Nebenklage an und versuchen weiterhin die Angeklagten als eigentliche Leidtragende des Verfahrens darzustellen. Am Ende haben die Angeklagten das letzte Wort. Das Urteil wird für den 12. Juli 2021 um 9 Uhr angekündigt.
Die vorsitzende Richterin verliest eine Chronologie der Verfahrensverzögerung seit 2017. Nach Aufzählung des gesamten Verfahrensganges seit den eingelegten Revisionen wird die staatliche Verzögerung auf zwei Jahre benannt
Es wird anschließend der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl gegen Andre K. verlesen. Die Staatsanwaltschaft Gera hat am 1. Juli 2021 zugestimmt, den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, wenn sich K. an folgende Auflagen hält: er muss sich wöchentlich beim LKA in Erfurt melden, darf nicht unerlaubt die BRD verlassen, muss Wohnsitzwechsel unverzüglich melden und allen Ladungen immer pünktlich Folge leisten.
Anschließend werden die verschiedenen Vorverurteilungen einzelner Angeklagter verlesen.
Die Staatsanwaltschaft Meiningen teilt zu Marcus R. mit, dass seine letzte Bewährungszeit am 21. November 2018 abgelaufen wäre. Das Verfahren lief beim Landgericht Erfurt.
Zu David S. teilt die StA Meiningen mit, dass eine Geldstrafe gegen ihn seit dem 6. Juni 2015 getilgt ist. Eine weitere Geldstrafe wurde bis zum 15. März 2017 vollständig gezahlt.
Zu Stefan F. teilt die StA Meiningen mit, dass er von einer Geldstrafe über 2700 € noch 2000€ zu zahlen hätte. Auf Nachfrage bestätigt F., dass diese Summe noch offen ist.
Da es keine weiteren Anträge gibt, schließt die vorsitzende Richterin die Beweisaufnahme.
Staatsanwalt Hannes Grünseisen beginnt mit seinem Plädoyer:
„Eigentlich steht in diesem Fall ja alles schon mehr oder weniger fest – die Strafen wurden in einer Verständigung bereits vorher verhandelt und die öffentliche Empörung über diesen Deal ist im vollen Gange. Seit Monaten schon wird diese Erzählung u.a. von Opferverbänden befeuert, ohne dass dabei juristische Erwägungen einbezogen würden. Für mich stellt sich daher die Frage: Soll ich überhaupt noch Nachrichten lesen oder soll ich lieber drei Tage das Telefon ausmachen und mich gar nicht damit beschäftigen? Ich halte es für wichtig, das trotzdem nochmal zu erklären – auch, wenn so manche Beiträge schon fertig geschrieben sind und ohnehin nicht hingehört wird.
Zum Geschehen: Thomas W., Andre K. und Tony St. wohnen in Ballstädt. Sie sind dort nicht besonders willkommen, weil sie – zu Recht – als außen rechts verortet werden. Es kommt zu Sachbeschädigungen am Haus und es gibt öffentliche Proteste. Wie in jedem guten Dorf gibt es in Ballstädt jedes Jahr eine Kirmes. Deren örtlicher Verein veranstaltet am 8. Februar 2014 eine Dankeschön-Feier. Parallel dazu wird auch in Suhl gefeiert, auf dem Geburtstag von Sven B.. Alle außer Tony St. sind dort. St. findet dann in Ballstädt die eingeschlagene Scheibe vor und ruft Andre K. an. In Suhl bricht man dann Richtung Ballstädt auf. Die Fahrt geht von Suhl über Gotha nach Ballstädt. Thomas W. telefoniert unterwegs und fragt nach Unterstützung: ‚Gibt Stress mit Zecken. Bist du dabei?‘ Sie fahren am Juwel vorbei, wo Licht brennt, aber keine Feier stattfindet. In Ballstädt angekommen wird drinnen der ziemlich beeindruckend große Stein festgestellt. Thomas W. fasst dann den Entschluss, zum Gemeindesaal zu gehen und die Sache ‚zu klären‘. Eine gewaltsame Klärung war zu diesem Zeitpunkt klar zu erwarten. Anfangs hatte die Gruppe auch noch einen Baseballschläger dabei, der jedoch bald nach dem Aufbruch beiseite geworfen wird. W. trägt eine Totenkopfmaske und Protektorenhandschuhe. Auch andere sind vermummt. Es war klar, wie auch der Angeklagte Marcus R. bestätigte, ‚dass es jetzt knallt‘. W. geht alleine rein und fragt: ‚Was soll die Scheiße mit der Scheibe?‘ An der Theke schlägt er eine Person und, das ist nicht abschließend geklärt, eventuell auch noch eine zweite. Beim Rausgehen provoziert er die Anwesenden mit erhobenen Armen. Darauf steigen die Anwesenden ein – selbst ein ‚Rausprügeln‘ wäre in dieser Situation gerechtfertigt gewesen, weil Wagner so signalisierte, dass der Angriff noch nicht vorbei ist. Die anderen Angeklagten warten draußen und schlagen und treten dann auf alle ein. Kai L. wirft einen Stuhl, Stefan F. wirft mit einem zweiten zusammen eine Person über die Theke, Marcus R. – eventuell hat er vorher bereits einen Schlag auf den Hinterkopf gekriegt – schlägt eine Person nieder. Auf einen Zuruf, der von Ariane Sch. gekommen sein könnte, gehen alle raus, eilen zum Gelben Haus und verlassen Ballstädt fluchtartig. Der ganze Angriff hat etwa zwei bis drei Minuten gedauert. [macht längere Pause] Das waren jetzt 15 Sekunden. Verdammt lang. Da kann man sich vorstellen, wie lang zwei bis drei Minuten sind. Die Folgen sind Hämatome, ein halb abgerissenes Ohr und seelische Verletzungen. Gerade als Mann werden letztere ungern eingestanden.
Alle Angeklagten haben die Tat zugegeben. Marcus R.‘s Aussage ist glaubwürdig: dass der Angriff noch nicht während der Fahrt geplant war. Denn warum sollte man sonst noch bei McDonald‘s essen gehen? R.‘s DNA wurde dann in einer Blutspur unter einem Stuhl im Saal gefunden. Mit welcher Wucht der Angriff geschah, haben die Geschädigten plastisch geschildert.
Die Angeklagten sind größtenteils Rechtsextremisten, was sie auch offen zeigen wie z.B. auch der Angeklagte Tony St. heute mit seinem T-Shirt. Thomas W. sprach am Telefon von ‚Zecken‘, also von Linken. Aber was lässt sich hinsichtlich eines politischen Motivs positiv feststellen? Die Kirmesgesellschaft sind keine Linken. Und das war den Angeklagten auch ziemlich egal. Auch der Zeuge Pröbstel sagte hier aus, dass das Motiv nicht politisch gewesen sei, sondern auf Rache, auf Selbstjustiz beruhte.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass irgendwer hier vermindert schuldfähig oder schuldunfähig gewesen sein könnte.
Die Tat ist als gemeinschaftliche begangene Körperverletzung gem. § 224 Absatz 1 StGB zu werten. Darauf stehen sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe. Es gab im Vorfeld eine Verfahrensabsprache. In deren Folge haben sich alle Angeklagten geständig eingelassen, manche pauschal, manche qualifiziert.
Jetzt muss ich noch etwas zu dem sogenannten ‚Justizproblem‘ oder ‚Justizskandal‘ sagen: Das gibt es nicht! Verfahrensabsprachen sind gesetzlich, siehe StPO. Und die gilt für alle Menschen, auch für Nazis. Unser grüner Justizminister hat dazu im Landtag gesagt: ‚Die Justiz kennt keine Seiten.‘ Das ist richtig. Es gibt kein Gesinnungsstrafrecht.
Die Tat ist aus 2014, das ist jetzt sieben Jahre und vier Monate her. Eine streitige Verhandlung wäre vor allem unter Pandemiebedingungen unmöglich gewesen. Wer das will, verschließt die Augen vor der Realität. Dieses Gericht hat alles richtig gemacht. Der erste Prozess hat eineinhalb Jahre gedauert. Das wurde von uns allen zusammen, auch von der Nebenklage, verursacht. Ohne Geständnisse hätten hier auch keine Verurteilungen folgen können.
Zur Abweichung vom vorigen Strafrahmen: Diese ist nicht kritikwürdig. Aus Sicht der StA waren die Strafen bis auf jene für Thomas W. völlig überzogen. Teilweise waren die ausgesprochenen Strafen drei Mal höher als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Es gibt hier kein Justizproblem.
Alle waren geständig und das ist zu ihren Gunsten auszulegen. Sieben Jahre Verfahrensdauer sind ebenfalls zu ihren Gunsten zu werten. Die haben alle Arbeit, teilweise haben sie Kinder bekommen. Nicht nur die Opfer belastet das, auch die Täter. Die wussten alle nicht, ob sie noch in den Bau gehen. Ihre Chefs mussten Verständnis dafür haben. Auch die große Öffentlichkeit muss zu ihren Gunsten ausgelegt werden.
Natürlich ist das Ganze auch für die Geschädigten ganz dramatisch und die Nachwirkungen spüren sie bis heute.
Die Gesinnung der Täter ist hier aber gem. StPO nicht tatrelevant gewesen, auch wenn das die Tat keinen Deut weniger schlimm macht.
Zu Thomas W.: Ihm ist zur Last zu legen, dass er der Initiator des Ganzen war. Er lief mit Totenkopfmaske und Protektorenhandschuhen vorne weg und setzte den ersten Schlag. Positiv ist ihm anzurechnen, dass er zwar viele Vorstrafen hat, die aber allesamt lange zurückliegen. Und er hat sich hier für die Tat entschuldigt. Daher sollte die Strafe hier nicht über zwei Jahre lauten.
Für Tony St., Kai L., David S., André K. und Rocco B. fordere ich je ein Jahre und zwei Monate. Für Stefan F. ebenfalls ein Jahr und zwei Monate, wobei ja noch eine vollstreckbare Strafe offen ist. Ich wäre dagegen, diese zu einer Gesamtstrafe zusammenzuziehen. Aber wenn doch, dann würde das aus meiner Sicht für F. ein Jahr und vier Monate ergeben.
Für Christian H.: ein Jahre und zwei Monate.
Für Marcus R. ein Jahre und sieben Monate, wobei sieben Monate aus einer Freiheitsstrafe vom Amtsgericht Hildburghausen mit einzubeziehen sind und eine Gesamtstrafe von zwei Jahren ergibt.
Alle Strafen sind zur Bewährung auszusetzen. Ist das ein Justizskandal? Nein! Für Bewährung braucht es eine günstige Sozialprognose und bei über einem Jahr zusätzlich besondere Umstände. Die sind hier gegeben: Christian H. hat Arbeit und Kinder; Kai L., David S. und Stefan F. haben keine Vorstrafen bzw. keine Freiheitsstrafen vorher gehabt. Sie waren außerdem geständig und ihnen ist die lange Verfahrensdauer hier anzurechnen. Andre K., Rocco B. und Thomas W. haben Haftbefehle in anderer Sache. Wer hier fordert, dass es keine Bewährung geben könnte, sollte verstehen: Es gilt auch für sie, solange sie nicht verurteilt sind, die Unschuldsvermutung. Und es gibt keine negative Sozialprognose.
Für Thomas W. gilt: Ja, er hat viele Vorstrafen, die 1992 anfangen und bis 2012 gehen. Aber nach Ballstädt gab es nichts mehr. Auch er war geständig. Daher liegen besondere Umstände vor. Der Angeklagte Marcus R. ist sicherlich nicht der Typ Lieblingsschwiegersohn. Aber sein Bewährungshelfer sagte aus, das sehr zuverlässig ist. Er nimmt alle Termine wahr, kümmert sich um sein Kind und ist abstinent geworden.
Für alle Angeklagten sehe ich wegen der Verfahrensverzögerung zwei Monate Reduktion als angemessen an.
Die Bewährung ergibt dann für Rocco B. und Andre K. je drei Jahre, für Thomas W. vier Jahre, für Tony St. zwei Jahre und 2600€ an einen gemeinnützigen Verein, für Kai L. zwei Jahre und 2400€ an einen Verein, für David S. drei Jahre und 3000€ an einen Verein, für Christian H. zwei Jahre und 400€ an einen Verein, für Stefan F. zwei Jahre, für Marcus R. vier Jahre und 300 Sozialstunden.“
Rechtsanwältin Kristin Pietrzyk, Nebenklage, beantragt eine Unterbrechung zur Beratung der Nebenklage. Die vorsitzende Richterin möchte wissen, warum eine Unterbrechung nötig sei. Rechtsanwältin Lang, Nebenklage, begründet dies mit neuen Inhalten, welche von der Staatsanwaltschaft eingeführt worden sind. Es gibt eine Unterbrechung.
Nach der Unterbrechung beginnt Rechtsanwalt Runge von der Nebenklage, dass es kein Plädoyer halten wird. Aus der Sicht seines Mandanten ist das Gericht befangen.
Rechtsanwältin Lang schließt sich an, da das Verfahrensergebnis von vornherein fest stand. Die Betroffenen waren laut ihr nur Werkzeuge des Gerichtes.
Rechtsanwalt Spörkel erläutert, wenn die Staatsanwaltschaft trotz Aussagen wie „Es gibt Stress mit Zecken“ und „Es hat die Falschen getroffen“ kein politisches Motiv sehe, dann gibt es nichts weiter zu sagen.
Rechtsanwalt Elster von der Nebenklage erklärt, dass es nach den vorhergegangenen Ausführungen der Staatsanwaltschaft kein Plädoyer geben wird. Aus den selben Gründen schließt sich Rechtsanwältin Pietrzyk an.
Die vorsitzende Richterin erteilt nun den Anwälten der Angeklagten das Wort.
Rechtsanwalt Klemke, Verteidigung Thomas W., erklärt, er habe nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft nichts mehr zu sagen. Nun sei es am Gericht, seinen Teil der Verständigung einzuhalten und fordert für seinen Mandanten ein Jahr und neun Monate.
Rechtsanwalt Lippold, ebenfalls Verteidigung Thomas W., schließt sich an und dankt der Staatsanwaltschaft für die objektiven Darstellungen.
Die Verteidigung von Tony St. führt aus, dass Geständnisse gemäß der Absprachen erfolgten. Tony St. habe Andre K. über die eingeworfene Scheibe informiert. Er habe dann die Feier im Kulturhaus entdeckt und ist Thomas W. dahin vermummt gefolgt. Die Strafe sollte im Rahmen der Absprachen eingehalten werden und sich in diesem Rahmen bewegen. Tony St. sei geständig gewesen und habe keine Vorstrafen. Es habe sich für ihn eine Gruppendynamik ergeben, bei der er ganz hinten mitgelaufen sei. Er sei nur kurz reingegangen. Dies sei ein geringer Tatbeitrag. Daher sei es unklar, warum die Staatsanwaltschaft ein Jahr und zwei Monate fordere. Die Strafe sollte geringer sein. Seit neun Jahren sei Tony St. in einer festen Beziehung, er zog nach Gotha und arbeite seit zehn Jahren in der selben Firma. Mit der Gruppe habe er nichts mehr zu tun. Der Überfall sei sichtlich dramatisch gewesen für die Betroffenen. Schwerverletzt sei jedoch keiner gewesen, wie die Staatsanwaltschaft richtig angemerkt habe. Daher sollte die Strafe geringer sein als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Die Geldauflage sollte aufgrund der Bedarfsgemeinschaft mit seiner erwerbslosen Partnerin mit einbezogen werden.
Die Verteidigung von David S. nimmt Bezug auf die Folgen für die Angeklagten, mit Verweis auf das Plädoyer von Staatsanwalt Grünseisen. Sein Mandant habe keinen Bock mehr, weil das Verfahren schon so lange dauere. Zwei Jahre Bewährung und eine Geldauflage seien sehr hoch für ihn. Sieben Jahre nach der Tat, dies habe die Staatsanwaltschaft gut ausgeführt, sollte das berücksichtigt werden.
Rechtsanwalt Dann, ebenfalls Verteidigung David S., lobt das Plädoyer der Staatsanwaltschaft als gut und ausgewogen. Es sei alles drin gewesen, was ein Verteidiger sagen würde. Sein Mandant sei geständig gewesen. Das Verfahren sei lang und belastend gewesen. Er habe mit einer ständigen Haftandrohung leben müssen. Erhalte zehn Monate für angemessen.
Die Verteidigung von Kai L. lobt den Prozess als ausgewogen und es sei gut gewesen, dass die Geschädigten dabei gewesen sind. Sie habe Verständnis für deren Unmut. Das Plädoyer habe laut ihr sehr viel für die Verteidigung abgearbeitet. Kai L. habe sich bereits in den letzten sieben Jahren bewährt., eine Familie gegründet und eine Arbeit gesucht. Es sei gut, dass die Geldauflage an eine gemeinnützige Einrichtung gehe. Denn es sei nicht klar, ob die Geschädigten die Zahlung der Täter überhaupt annehmen wollen.
Die Verteidigung von Rocco B. spricht der Staatsanwaltschaft ein Kompliment aus für das ausgewogene Plädoyer. Dies mache einen Rechtsstaat aus. Es sei ausgewogen und politisch erklärend gewesen und notwendig nach den Angriffen auf Staatsanwaltschaft und Gericht. Dies mache einen Rechtsstaat aus. Nur der Umgang im Gericht habe missfallen. Für seinen Mandanten plädiert er für eine Strafe von zehn Monaten bis ein Jahr. Warum die Höchststrafe aus dem Deal gefordert werde, erkläre sich jedoch nicht. Es sollten nicht mehr als zehn Monate sein, da sein Mandant immer straffrei war. Außerdem habe man ihm keine konkrete Gewalt vorwerfen können.
Rechtsanwalt Bunzel, Verteidigung Andre K., verstehe nicht, warum für seinen Mandanten der oberste Strafrahmen gefordert werde, es sei eher üblich mittig zu bleiben.
Die Verteidigung von Stefan F. erklärt, er sei geständig gewesen und es sollte bei der Gesamtstrafenbildung bei einer Bewährung bleiben. Aufgrund der Verfahrensverzögerung sollten vier Monate bereits als vollstreckt gelten. Rechtsanwalt Pinkes schließt sich an.
Die Verteidigung von Christian H., erläutert, er habe nicht gestehen können, da er keine Erinnerungen an den Abend habe. Dies habe am Alkohol gelegen. Seine Anwesenheit ergebe sich jedoch aus den Aussagen von Marcus R., ebenfalls das er jemanden geschlagen haben soll. Das er konkret einen Geschädigten getroffen habe, oder jemand verletzte, sei nicht bewiesen. Darin widerspreche die Verteidigung den Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Er sei aber dabei gewesen, was auf einen Herdengang beruhe. Wie Marcus R. ausgeführt habe, sei Christian H. „granatenhart“ gewesen. Nach der tat habe er sich bei niemanden gemeldet, er führe ein ordentliches Leben, hat eine Lehre gemacht und arbeite. Er habe befürchtet, dass er mit dabei war nach dem Abend. Danach habe er den Entschluss gefasst den Kontakt abzubrechen. Seitdem habe er nicht mal mehr einen Strafzettel bekommen. Außerdem habe er, der Verteidiger, im Alter seines Mandanten und 30 kg weniger Gewicht, an einem Abend eine Flasche Wodka getrunken und sei trotzdem noch zwei Kilometer nach Hause gelaufen. Es sei also kein Widerspruch, dass sein Mandant trotz Volltrunkenheit noch zum Kulturhaus gelaufen sei und sich dort beteiligte. Außerdem habe er eine gute Sozial- und Kriminalprognose. Die Strafe sollte daher im unteren Rahmen bleiben.
Rechtsanwalt Kohlmann, ebenfalls Verteidigung Herrmann, wettert gegen die Nebenklage. Danach bezieht er sich auf die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Diese besage, dass man im Schnitt bei zehn Bier deutlich über zwei Promille haben müsste. Christian H. habe neben den rund zehn Bier mehrere Runden Schnaps getrunken. Daher sehe er eine klar verminderte Schuldfähigkeit, was niemand vernünftig ausschließen könne. Die Strafe sollte daher am unteren Ende liegen.
Rechtsanwalt Nahrath, Verteidigung Marcus R., plädiert ebenfalls für Rechtsanwalt Gaspar. Er komme zu einem anderen Ergebnis als die Staatsanwaltschaft. Es habe keinen bewussten oder koordinierten Plan gegeben. Es war viel mehr ein anlassbezogenes Geschehen, in welches Marcus R. sukzessiv einstieg. Er haben von draußen gesehen, wie Thomas W. die Treppe heruntergestoßen wurde. Er kam als Helfer dazu, er habe dann einen Stuhl auf den Kopf bekommen. Anders als andere Angeklagte habe sein Mandant auch Fragen im Prozess beantwortet. Die Gutachterin stütze sich auf seine Angaben. Sein Mandant sage, die Verletzten seien „die Verkehrten“ gewesen und nannte es eine „Scheißaktion“. Es habe außerdem eine leichte Kompensation gegeben, da es eine Gegenwehr durch die Geschädigten gegeben habe. Nach dem Stuhlschlag sei er in Wut geraten, „ausgetickt“. Er habe eine Person niedergeschlagen, bald danach sei er raus, auf das Kommando von Ariane Sch.. Er sei glaubhaft, da er auch andere Beteiligte benannt habe. In diesem Prozess habe der Spruch „die Staatsanwaltschaft ist die objektivste Behörde der Welt“ Futter bekommen. Dies sei selten in solchen Verfahren. Marcus R. wolle arbeiten und Unterhalt zahlen. Der Verlauf des Verfahrens sei sehr belastend für ihn gewesen, da die Strafe von drei Jahren und sechs Monaten permanent drohte. Er sehe ebenfalls einen Widerspruch in den Aussagen des Zeugen Pröbstel. Es habe keine Schwerverletzten gegeben. Es habe außerdem nicht an seinem Mandanten gelegen, dass der erste Prozess rechtsfehlerhaft gewesen sei. Zwei Monate Verzögerungsbonus seien zu wenig. Vier Monate wären angemessener. Alle Angeklagten seien bis heute einem politisch-medialen Gewitter ausgesetzt. Die Strafe sollte deshalb am unteren Rahmen der Verständigung liegen. Marcus R. sei älter und weiser geworden. Nahrath plädiert für zwei Jahre Bewährung und 200 Sozialstunden.
Die Angeklagten haben die letzten Worte. Thomas W., Tony St., Rocco B., Stefan F. und David S. schließen sich kurz und knapp den Ausführungen ihrer Anwälte an. Andre K. schließt sich an und möchte sich aufrichtig entschuldigen. Marcus R. schließt sich ebenfalls seinem Anwalt an und möchte sich für die „Scheißaktion“ entschuldigen. Es habe definitiv die Falschen getroffen. Er hoffe, dass sich das Gericht an die Absprachen der Bewährungen halte. Ein Typ wie er könne froh sein, wenn er Bewährung bekomme.
Die Richterin erklärt, dass der Prozesstag am 7. Juli 2021 entfalle und am Montag den 12. Juli 2021 um 9 Uhr das Urteil verkündet wird.