Am 12. Verhandlungstag wurden fünf ZeugInnen angehört, mehrere Anträge durch die Nebenklage gestellt sowie die Entscheidung über den Antrag der Verteidigung, die Berichterstattung auf diesem Blog einzuschränken oder zu unterbinden, verkündet.
Neue Anträge zu TKÜ und auf Vernehmung weiterer Zeugen
Die Nebenklage eröffnete den Verhandlungstag mit zwei Anträgen. Der erste bezog sich Auf Inhalte der Kommunikationsüberwachung bei den Tatverdächtigen, die nach der Tatnacht vom 08. auf den 09.02.2014 angeordnet worden war. Die Nebenklage beantragte konkret, die Datenträger mit den Tonaufnahmen der Gespräche herbeizuziehen und in der Verhandlung anzuhören, da in mehreren Gesprächen vom 13. und 14.02.2014 die Aussage des Angeklagten Heerlein bei der Polizei und eine mögliche Einflussnahme auf diesen diskutiert worden seien.
In einem der Telefonate habe eine Mandy E. dem Angeklagten Heerlein vorgeworfen, den Angeklagten Wagner verraten zu haben. Heerlein habe entgegnet, das Gegenteil sei der Fall, denn er habe Wagner gar nicht schlagen sehen. Außerdem sei darüber gesprochen worden, dass in dem Saal, in dem an diesem Abend die Kirmesgesellschaft eine Dankesfeier für ihre Helfer abhielt, eine Veranstaltung der linken Szene stattgefunden habe und man dorthin gegangen sei, um eine Sache „zu klären“*, damit das [vermutlich die gelegentlichen Farbschmiereien am gelben Haus] „ein Ende“ habe.
Weitere Inhalte von Telefongesprächen seien gewesen, dass Heerlein nicht mit in den Saal gegangen sei, jedoch Schreie von drinnen gehört habe und dass die Angeklagten Wagner, Keller, Boitz und Lückert die Räumlichkeiten der Kirmesfeier als erste betreten hätten.
Weiter wurde darüber gesprochen dass dort Blut zu sehen gewesen sei, der Angeklagte Lückert habe „los, raus hier“ gerufen und später berichtet, dass im Saal Stühle und Tische „geflogen“ seien. Außerdem sei jemand über die Garderobe geschmissen worden. Die Nebenklage beantragte zusätzlich, auch die Gesprächspartnerin Mandy E. Als Zeugin vorzuladen, um sie zu diesen Inhalten befragen zu können.
Ebenfalls als Zeuge geladen werden soll Marco Z., der in einem Telefonat mit dem Angeklagten Keller mit Blick auf die Aussage Heerleins geäußert haben soll, es dürfe kein Verrat geduldet werden.
Z. (dessen Facebook-Post kurz nach der Tat möglicherweise ebenfalls mit der Tat in Zusammenhang stehen könnte) habe geäußert, es handele sich nicht um einen Ausrutscher Heerleins. Z. offenbare damit, so die Nebenklage, Kenntnis über für den Prozess relevante Inhalte. Deshalb und wegen seines Drängens, Druck auf Heerlein auszuüben, solle er als Zeuge vernommen werden. Z. war bei einigen Verhandlungstagen bereits als Zuschauer im Gerichtssaal anwesend.
Oberstaatsanwalt Kästner-Hengst erklärte, keine Stellungnahme zu den möglichen Zeugen abgeben zu wollen, die Vorschläge der Nebenklage habe er jedoch als sinnhaft empfunden. Detaillierter äußerte er sich zu dem Antrag, Tonaufnahmen aus Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) herbeizuziehen. Die Abschriften der Tonaufnahmen, die durch die Polizei angefertigt worden seien, könnten eingesehen werden und müssten auch zur Verfügung gestellt werden. Zugriff auf die Aufnahmen selbst müsse jedoch nicht in jedem Fall gewehrt werden.
RA Junge, Verteidiger des Angeklagten Keller, beantragte als nächstes, die Berichte zum dritten und vierten Verhandlungstag, die auf diesem Blog eingesehen werden können, auszudrucken. In diesen Berichten werde sein Mandat namentlich benannt, womit seine Identifizierung möglich sei.
RA Hoffmann hielt dem entgegen, dass sich die Berichterstattung vollständig im rechtlichen Rahmen halte. Wer sich durch aggressive Berichterstattung angegriffen fühle, könne sich mittels Presserecht dagegen wehren. Ihm fielen dafür in erster Linie Fälle ein, in denen eine reißerische Berichterstattung, beispielsweise in der Bild-Zeitung, stattgefunden habe, in der Fotos der Angeklagten unzureichend anonymisiert worden seien.
Oberstaatsanwalt Kästner-Hengst warf ein dass es sinnvoll sei, bei Bezugnahme auf Fälle der Rechtsprechung einen Bezug zu konkreten Fällen herzustellen.
Hoffmann ergänzte er sei gespannt auf die Fälle, auf die RA Junge sich beziehe, denn solche gebe es nicht. Offenbar habe RA Junge einen etwas anderen Pressebegriff; für Hoffmann schließe Presse jedenfalls alle Teilnehmer eines Diskurses ein, nicht nur explizite Journalisten. Presse habe jedoch nicht nur besondere Rechte, sondern auch Pflichten wie die Sorgfaltspflicht – welche mit Blick auf die Berichterstattung über den Prozess jedoch gewahrt sei.
Die Nebenklage verwies noch einmal auf ihren Antrag auf einen Ortstermin in Ballstädt aus dem Januar, da bis heute die räumliche Entfernung zwischen gelbem Haus und Tatort unklar seien. Verschiedene Zeugen hätten diese Entfernung deutlich unterschiedlich eingeschätzt. Außerdem könne man vor Ort auch die Größe von Saal und Vorraum, in denen der Angriff stattgefunden hat, sowie die Lichtverhältnisse dort besser einschätzen.
Erste Zeugin von der LPI Gotha
Als erste Zeugin wird Kriminalhauptkommissarin S. angehört, die in der Tatnacht Bereitschaftsdienst hatte und am Morgen des 09.02.2014 die Leitung der Ermittlungen übernahm. Sie beschrieb dass sie die Nachricht erhalten habe, dass mehrere Vermummte in eine Kirmesveranstaltung eingedrungen seien, dieser Angriff nur kurze Zeit dauerte und es eine große Anzahl verletzter Personen gegeben habe, die deshalb im Krankenhaus in Gotha behandelt worden seien.
Ein erster Tatverdacht habe gegen Tony Steinau und die nicht angeklagte Christina H. vorgelegen, da diese sich kurz vor der Tat nach der Veranstaltung erkundigt, die zerstörte Scheibe im gelben Haus erwähnt hätten und dabei als Bewohner des Neonazi-Hausprojektes erkannt worden seien. Dessen Bewohner stünden seit einiger Zeit im „Fokus polizeilichen Interesses“.
Die AngreiferInnen hätten sich bei ihrer „Vergeltungsaktion“ ebenfalls auf diese Scheibe bezogen, so die Kriminalhauptkommissarin. Außerdem seien Steinau und H. erkannt worden, als sie kurz nach der Tat in einem Auto den Polizeibeamten auf deren Weg nach Ballstädt entgegenkamen.
Die Zeugin erklärte, sie habe einen LKA-Beamten der Abteilung Staatsschutz benachrichtigt und die sogenannte Tatortgruppe des LKA gerufen, weil diese personell und technisch besser ausgestattet sei als die Kollegen von der KPI Gotha. Außerdem habe sie die Durchsuchung des Objektes gelbes Haus mit der Staatsanwaltschaft abgesprochen. Bei dieser Hausdurchsuchung seien dann die Angeklagten Keller und Pommer festgestellt worden, wobei letzterer freiwillig zur Vernehmung in die Polizeiinspektion mitgefahren sei. Die Ergebnisse dieser Vernehmungen seien ihr insofern mitgeteilt worden, als dass beide eine Tatbeteiligung bestritten hätten. Zu diesem Zeitpunkt seien nur die Namen Steinau, Keller, Pommer und H. bekannt gewesen.
Zwei Zeugen kennen die Angeklagten, können sich jedoch an wenig erinnern
Zweiter Zeuge des Tages war Sven B., der vor Gericht eine Thor Steinar-Hose trug und erklärte, er wäre mit allen Angeklagten bekannt.
Zum Tatabend gab er an, in einer Garage in Suhl seinen Geburtstag gefeiert zu haben. Er sei schon früh stark betrunken gewesen, erinnere sich aber daran, dass die Angeklagten Wagner und Boitz sowie Nixdorf und Söllner jeweils gemeinsam zur Feier erschienen seien und der Angeklagte Heerlein von seiner Freundin dorthin begleitet worden sei.
Dem Zeugen wurde daraufhin vorgehalten, in der Vernehmung durch die Polizei noch die Angeklagten Keller, Scholl und Lückert als Gäste benannt zu haben. Daran konnte er sich, wie an vieles mehr, vor Gericht nicht mehr erinnern. Aus diesem Grund ließ sich der Ablauf der Feier kaum rekonstruieren, viele Fragen von Richter und Staatsanwaltschaft blieben unbeantwortet. Er habe ab etwa 20:00 Uhr auf der Feier und bereits davor Zuhause Alkohol konsumiert und wisse lediglich, dass er am nächsten Tag in seiner Wohnung aufgewacht sei.
Selbst als die Nebenklage dem Zeugen vorhielt, er habe um 02:50 in der Tatnacht dem Angeklagten Steinau eine SMS mit dem Vorwurf „schade, dass sich so einfach verpisst wurde“ geschickt und ihn nach seinen Beweggründen hierfür fragte, erklärte er, sich an eine solche Nachricht nicht erinnern zu können.
Nach einer weiteren Frage, ob er mit Angeklagten über dieses Wochenende gesprochen habe, hielt es die Nebenklage für notwendig, den Zeugen an seine Wahrheitspflicht vor Gericht zu erinnern. Dies führte jedoch auch nicht dazu, dass B. sich an ein Telefonat mit dem Angeklagten Heerlein erinnern konnte. Dieses war durch die TKÜ-Maßnahmen infolge der Tat ebenfalls aufgezeichnet worden und die Nebenklage zitierte hieraus, der Zeuge habe Heerlein gefragt ob dieser „Thomas angeschissen“ habe und damit gedroht, alles „Haggi“ zu berichten. Erst auf mehrfache Nachfrage konnte der Zeuge erklären, dass es sich bei Haggi um den Spitznamen von Marcus Russwurm handele.
Die Nebenklage wies auf den Widerspruch hin, dass der Zeuge vorgab alle Angeklagten zu kennen, sich dann aber äußerst schwertat, diesen Spitznamen zuzuordnen. RA Bunzel konnte hier zwar keinen Widerspruch erkennen, Nebenklage und Staatsanwaltschaft wiesen den Zeugen jedoch darauf hin, dass eine Falschaussage vor Gericht unter Strafandrohung stehe.
An ein Telefonat mit den Angeklagten Keller, in dem es um ein „wichtiges Anliegen“ gegangen sei, das „mit Tim“ besprochen werden müsse, konnte sich der Zeuge dennoch nicht erinnern.
Für diesen Zeugen waren laut Vorsitzendem Richter zwei Stunden Vernehmungszeit eingeplant, angesichts seiner zur Schau gestellten Vergesslichkeit wäre weit weniger ebenfalls ausreichend gewesen.
Erhebliche Probleme mit seinem Erinnerungsvermögen offenbarte auch der folgende Zeuge. Der 51-jährige Schlosser Andre K. gab zunächst an, einige der Angeklagten flüchtig zu kennen, konnte aber nur „den Tommy“ [Thomas Wagner] namentlich benennen. Er sei am Tatabend bei einer Party gewesen, jedoch nicht bei der Geburtstagsfeier des vorherigen Zeugen, sondern in Arnstadt bei einem „Patte“, den er ebenfalls nicht näher benennen oder zumindest beschreiben konnte.
Der Zeuge erinnerte sich kaum an Details, war jedoch der Meinung, dass bei dieser Party keine/r der Angeklagten als Gast gewesen sei. Er habe „zwei acht im Kessel“ gehabt und berief sich wiederholt darauf, sich nicht zu erinnern, weshalb er auch zum folgenden Vorhalt des Vorsitzenden Richters keine Ergänzungen machen konnte. Der Richter befragte ihn zu einem Anruf, der in einem polizeilichen Verhör im März 2014 thematisiert wurde.
Demzufolge habe der Angeklagte Wagner den Zeugen in der Tatnacht angerufen und im Gespräch eine kaputte Fensterscheibe erwähnt, dies habe der Zeuge gegenüber der Polizei ausgesagt. Ebenfalls habe er ausgesagt es sei in dem Telefonat darum gegangen, dass Wagner Kumpels gesucht habe, die nach Ballstädt kommen und Andre K. und andere von der Party in Arnstadt deshalb dorthin fahren sollten. Der Zeuge habe im Verhör angegeben, er hätte hinfahren wollen, habe aber kein Auto zur Verfügung gehabt.
Selbst auf den Hinweis des Vorsitzenden Richters, er solle sich doch bitte etwas Mühe geben, war der brauchbarste Beitrag des Zeugen hierzu, dass das „Gelbe Haus“ tatsächlich gelb sei und Wagner dort wohne. Keller, Steinau oder Christina H. kenne er nicht und wisse demnach auch nicht, ob sie in dem Objekt wohnen würden.
Wagner kenne er von „früher“ aus Arnstadt, präzisere Angaben konnte er nicht machen. Von dem Überfall auf die Kirmesgesellschaft habe er von der Polizei erfahren, mit Thomas Wagner jedoch nie darüber gesprochen. Wagners Handynummer habe er 2014 und auch heute noch in seinem Handy eingespeichert, telefoniere jedoch selten mit ihm.
Er erinnere sich nicht, ob der Anruf in der Tatnacht von Wagner kam, Patte habe ihm lediglich das Telefon gereicht. So habe er das auch der Polizei gegenüber gesagt – woraufhin der Oberstaatsanwalt Kästner-Hengst entgegnete, genau so habe er das eben nicht gesagt, sondern Wagner als Anrufenden und die zerstörte Fensterscheibe als Gesprächsinhalt benannt.
Recht unvermittelt fragte RA Hoffman den Zeugen, ob er ein Facebook-Profil besitze und wenn ja, ob auf diesem ein großes Foto von einem Wikingerschiff zu sehen sei. RA Schwarz beanstandete diese Frage; Hoffmann erklärte jedoch dass Andre K. auf diesem Profil zumindest mit den Angeklagten Blasche und Keller befreundet sei und dies doch überrasche, wenn K. vor Gericht behaupte, diese nicht zu kennen. K. gab vor, bei Facebook nicht aktiv zu sein und sich nicht zu erinnern, seit wann er mit den beiden Angeklagten dort „befreundet“ sei. Diese Differenz konnte jedoch nicht mehr geklärt werden.
Bei zwei Gästen der Kirmesgesellschaft sind die Erinnerung deutlich besser
Der folgende Zeuge, der 31-jährige G., war als Gast bei der Feier der Kirmesgesellschaft anwesend. Er beschrieb zunächst, dass er mit seiner Freundin bereits den Saal verlassen und vor dem Innenhof des Gebäudes darauf gewartet habe, abgeholt zu werden. Er habe dann aus Richtung der Bushaltestelle, in deren unmittelbarer Nähe das gelbe Haus liegt, Schritte näherkommen hören. Auf Grund seiner eigenen Arbeit habe er erkennen können, dass es sich um schwere Sicherheitsschuhe handelte. Als 15 bis 20 maskierte Personen durch den engen Torbogen – der Reihe nach – den Innenhof betraten, habe er zu seiner Freundin gesagt, sie solle hinter ihn treten. Ein etwa 190cm großer Mann, den der Zeuge als Anführer der Gruppe beschrieb, habe ihn wegen einer zerstörten Scheibe angeschrien und nach der Veranstaltung im Saal gefragt. G. habe geantwortet, die Leute im Saal hätten damit sicher nichts zu tun.
Die Personengruppe, fast alle von ihnen maskiert, habe vor der Eingangstür etwa eine halbe Minute gewartet und sei dann geschlossen hineingestürmt, nur eine Person sei bei ihm und seiner Freundin geblieben. Diesen Mann habe er gefragt, was „die Scheiße“ solle. Der etwa 170cm große, kräftige Mann sei daraufhin drohend auf ihn zugegangen. Hier habe ihn seine Freundin zurückgezogen, sonst, so vermutete der Zeuge, wäre es zu einer Auseinandersetzung gekommen. Der Vorsitzende Richter hielt ihm vor er habe der Polizei gegenüber beschrieben, dass dieser Mann kurze schwarze Haare und etwa einen eine-Woche-Bart gehabt hätte. G., gab an die Erinnerung sei verblasst, damals wäre er jedoch in der Lage gewesen den Mann wiederzuerkennen, wenn ihm die Polizei ein Foto vorgehalten hätte.
Der Zeuge erklärte, von drinnen Schreie und splitterndes Glas gehört zu haben. Ein oder zwei Minuten später seien die Unbekannten – es könnten auch Frauen darunter gewesen sein – einzeln aus dem Gebäude gekommen und wieder in Richtung Bushaltestelle beziehungsweise gelbes Haus gelaufen.
Er sei dann schnell hinein und habe den Notruf gerufen, als er die umgeworfenen Tische, das Blut und den zerstörten Spiegel gesehen habe. Mehrere Freunde seien verletzt gewesen und hätten geblutet. Als er den Notruf abgesetzt habe, sei es genau 02:31 Uhr gewesen.
Auf die folgenden Fragen fiel dem Zeugen noch ein, dass er bei einigen der maskierten Personen Handschuhe gesehen habe. Oberstaatsanwalt Kästner-Hengst hielt ihm vor, im polizeilichen Verhör von einer auffallend kleinen Frau mit dunklen, schulterlangen Haaren gesprochen zu haben, die keine Maske getragen und in einer Art Kommando „alle raus“ gebrüllt habe. G. erinnerte sich nicht mehr und erklärte, seine Erinnerung seien damals bei der Polizei noch besser gewesen.
Es folgten noch einige Fragen der Verteidigung, vor allem dazu, ob die durch den Angriff verletzten Personen und andere Gäste in der Folge über den Abend gesprochen hätten. G. gab an, dass es mehrere Treffen gegeben habe, man sei ja auch befreundet. Als RA Waldschmidt unterstellte, es habe einen „regen Informationsaustausch“ gegeben entgegnete er jedoch, man habe nicht über Details gesprochen. Bei einem ersten Kontakt mit ezra habe man ihnen geraten nicht über Einzelheiten zu sprechen um das Gerichtsverfahren nicht zu gefährden, und daran habe man sich gehalten.
Letzte Zeugin des Tages ist F., eine 23-jährige Pharmazeutisch-Technische Assistentin. Sie erklärte, bereits vor Beginn der Feier im Saal gewesen zu sein und dort beim Aufbau geholfen zu haben.
Den Angriff habe sie wahrgenommen, als sie im Saal im Eingangsbereich stand. Sie habe gesehen wie eine große, dunkel gekleidete und mit einer schwarzen Totenkopfmaske vermummte Person den Raum betrat und in Richtung Theke ging. Die Person habe sich umgesehen, etwas gesagt das sie nicht habe verstehen können, und dann zugeschlagen. Sie sei nicht sicher, ob der Unbekannte an der Theke zwei Personen angegriffen habe oder nur eine, erinnere sich aber, dass die Brille eines Geschädigten durch den Schlag bis vor ihre Füße geschleudert worden sei [siehe Vernehmung des Geschädigten selbst am 6. Verhandlungstag]. Es habe sich ein Tumult entwickelt und sie sei zum Hinterzimmer gelaufen, um sich dort in Sicherheit zu bringen. Als sie gerade den Saal verlassen habe, seien weitere Personen, die Kapuzenpullis trugen und nicht zu den Gästen der Feier gehörten, in den Raum gekommen. Sie habe nicht alle sehen können, aber es könnten etwa 15 Personen gewesen sein.
Sie habe aus dem Hinterzimmer gehört, dass es in Saal und Vorraum einen lauten Tumult gab und als sie kurz darauf zurückkehrte, sei auf dem Boden Blut gewesen. Sie habe versucht die teils starken Blutungen bei einigen Verletzten mit Servietten zu stoppen, bis die Rettungswagen eintrafen. An die Farbe der Servietten könne sie sich nicht erinnern, üblicherweise seien diese gelb und/oder braun.
Sie habe später gehört, dass mindestens eine Person bewusstlos beziehungsweise nicht ansprechbar gewesen sei, andere zum Tatzeitpunkt geschlafen hätten und sich deshalb nicht wehren konnten.
Die Zeugin berichtet noch von einem Erlebnis kurze Zeit nach dem Angriff auf die Kirmesgesellschaft. Sie habe sich mit jemandem bei McDonalds getroffen und dort seien auch Freunde der Angeklagten gewesen, die in ihre Richtung gezeigt und sich damit gebrüstet hätten, dass es „die endlich mal erwischt“ hätte. Dazu habe eine dieser Personen bei facebook geschrieben, dass man „die am besten umbringen“ sollte.
Zum Abschluss des Verhandlungstages wurde die Entscheidung über den Antrag der Verteidigung, der sich mit der Berichterstattung in diesem Blog auseinandersetzte, verkündet. RA Windisch hatte argumentiert, dass diese Berichterstattung geeignet sei Zeugen zu beeinflussen und deshalb unterbunden werden müsse. Der Antrag wurde zurückgewiesen.
Der Vorsitzende Richter verlas, dass eine Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung nicht erkennbar sei. Es gelte weiterhin der Öffentlichkeitsgrundsatz; davon unabhängig sei auch nicht erkennbar, dass die bisherigen Zeugen sich durch die Berichterstattung hätten beeinflussen lassen.
Der Prozess wird am kommenden Mittwoch, den 20.04.2016, um 09:30 fortgesetzt.
*Die in diesem Bericht in Anführungszeichen stehenden Passagen sind nicht als wortwörtliche Zitate zu verstehen. Sie geben den Wortlaut der jeweiligen ZeugInnen möglichst genau wieder, eine exakte Wiedergabe ist jedoch bei schneller Wortfolge im Gerichtssaal nicht immer möglich.