Revision – 5. Verhandlungstag – 16. Juni 2021

An diesem Verhandlungstag stehen weitere Zeugenaussagen von Betroffenen des Angriffs an, welche wie schon zuvor den Abend und die Abläufe des Angriffs sowie zu ihren Verletzungen aussagen. Außerdem äußern sich einige Zeugen zu weiteren Drohungen von Bewohnern des Gelben Haus gegenüber der Kirmesgesellschaft in den Jahren nach dem Angriff.

Der Prozess beginnt damit, dass das Gericht eine ergänzende Erklärung vom Angeklagten Tony St. zu dessen Einlassung erwarte. Seine Verteidigung erklärt, dass eine ergänzende Einlassung erfolgen werde, aber nicht an diesem Prozesstag, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Der Kollege befinde sich noch im urlaub, mit ihm müsse es besprochen werden.

Danach beginnen die Zeugenvernehmungen weiterer Geschädigter des Überfalls.

Der erste Zeuge berichtet davon, dass er sich ab 18 / 19 Uhr auf der Dankesfeier der Kirmesgesellschaft aufgehalten habe. Gegen 2:30 Uhr sei der Zeuge aus einem hinteren Raum gekommen und habe einen großen Mann mit Totenkopftuch im Saal gesehen. Der Zeuge hielt dies erst für einen Scherz, dann habe der Mann aber auf zwei Personen eingeschlagen. Der Zeuge habe daraufhin versucht den Angreifer mit zwei weiteren Personen aus dem Raum zu drängen. Daraufhin habe sich der Raum mit weiteren Personen gefüllt, die den Zeugen angegriffen haben. Die Angreifer waren vermummt. Auf eine angreifende Person habe der Zeuge versucht einzureden, woraufhin der Angreifer ihn mehrmals mit dem Knie gegen den Oberschenkel trat und als er zu Boden ging auch gegen den Kopf trat. Ein weiterer Zeuge wurde über den Tresen geworfen und lag neben dem Geschädigten, er habe ihm gesagt, er solle lieber liegenbleiben. Nach zwei Minuten habe es einen Ruf gegeben, „Alle raus“ und alle Angreifer haben den Raum verlassen.

Er war als Helfer bei der Feier. Von den „Problemen mit den Bewohnern des Gelben Haus“, wie es das Gericht formulierte, habe er gewusst und von Demonstrationen aus der Presse mitbekommen. Von einem Stein habe er ebenfalls erst aus der Presse erfahren, am Abend selbst nicht. Dem Zeugen wird eine frühere Aussage vorgehalten, in der er aussagte, dass einem Zeugen ein Auto aufgefallen sei. Dieser bejaht, ein anderer Zeuge sei vor dem Gelben Haus gefragt worden, was das für eine Feier im Gemeindesaal sei, dies habe der Zeuge den anderen berichtet.

Angreifer habe er nicht erkannt, aufgrund der Vermummung. Ebenfalls nicht ob die Personen Handschuhe getragen oder Gegenstände benutzt haben. Er könne lediglich sagen, dass der erste Angreifer ein größerer Mann gewesen war. Dieser habe gefragt „Wer war das mit dem Stein?“, dann habe er gleich auf Leute an der Bar eingeschlagen, eine Person sei vom Stuhl gefallen. Auf dem Weg nach draußen habe der Angreifer die Arme ausgebreitet. Man sei ihm dann gefolgt. Im Saal habe der Mann zwei Personen geschlagen, dann kamen andere Angreifer rein. Sie waren teilweise weniger vermummt, aber alle schwer erkennbar. Bei einem Schlag ins Gesicht habe er einen Handschuh gespürt.

Die Person, welche ihn angegriffen habe, sei etwa gleich groß gewesen und von ähnlicher Statur. Nach mehreren Schlägen mit der Faust sei er zu Boden gegangen und liegengeblieben. Bewusstlos war sei er dabei nicht gewesen. Seine Nase habe geblutet und er habe Hämatome an der Lippe, den Armen usw. gehabt. Der Zeuge wurde ins Krankenhaus eingeliefert, genäht werden musste nichts, die körperlichen Verletzungen sind ausgeheilt.

Auf Nachfrage möchte der Zeuge nichts zu seiner psychischen Belastung sagen, der Erinnerungen kämen immer wieder hoch. Mittlerweile habe er eine andere Vorsicht walten.

Auf Nachfrage des Gerichts erklärt er, er habe nur Männer gesehen. Zum Angriff auf sich führt der Zeuge aus, er habe einen Angreifer am Handgelenk festgehalten, dieser habe immer wieder mit dem Knie gegen den Oberschenkel getreten und Kopfstöße sowie Schläge eingesetzt.

Zwei Angreifer haben einen Zeugen zu zweit genommen und ihn über den Tresen geworfen, sie waren Größer als der Geschädigte. Ein weiterer Zeuge stand im Vorraum und wurde von zwei Angreifern umringt, wovon einer der erste Angreifer mit der Totenkopfmaske gewesen war. Kurz bevor die Angreifer den Saal verließen soll zudem eine Spiegel eingeworfen worden sein. Weitere Fragen zu einzelnen Schälgen auf andere Personen durch die Angreifer kann der Zeuge nicht beantworten, da es ein großes Handgemenge gewesen ist.

Es folgte der zweite Zeuge. Er erzählt, dass am Abend zusammen gefeiert worden ist, bis ein Maskierter den Saal betrat, zwei Freunde des Zeugen habe er schwer verletzt. Dann habe er selbst einen Schlag bekommen und sei ohnmächtig geworden. Als er wieder aufgewacht sei, sei er in den hinteren Raum gegangen, dabei habe ein weiterer Zeuge stark geblutet, weshalb er diesen mit versorgt habe. Der Zeuge selbst ist Teil des Kirmesvereins und war ab 18 Uhr auf der Feier. Wann genau der Angreifer gekommen sei, könne er nicht mehr genau sagen. Er habe den Angreifer gefragt, was das solle, daraufhin habe er direkt einen Schlag ins Gesicht bekommen. Der Angreifer sei zielgerichtet gewesen und war mit einer Totenkopfmaske vermummt. Ob der Angreifer etwas gesagt habe, könne er nicht beantworten. Er habe nichts von ihm gehört. Er habe gesehen, wie der Angreifer zwei Personen geschlagen habe und einer von den Geschlagenen zu Boden ging, er sei direkt hingegangen. Der Zeuge gibt an, dass er direkt auf das Jochbein mit der Faust geschlagen wurde. Der Angreifer habe Handschuhe getragen. Durch den Schlag wurde der Zeuge bewusstlos. Als er wieder wach wurde, habe er Schreie wahrgenommen, dass jemand die Polizei rufen solle.

Richterin Rathemacher möchte wissen ob es auf der Veranstaltung Servietten gegeben habe und in welcher Farbe, daran kann sich der Zeuge jedoch nicht erinnern.

Der Zeuge gibt auch Nachfrage an, er habe versucht einmal die Polizei zu rufen, aber er habe niemanden erreicht. Danach habe er sich um die Verletzten gekümmert. Unten sei ein Beamter in zivil gewesen, dieser wollte jedoch nicht hochgehen in den Saal, da dieser Angst gehabt habe, dass noch Angreifer da wären. Dann habe er mit einer anderen Person die Feuerwehrsirene gedrückt.

Der Zeuge selbst gibt an, er habe eine Gehirnerschütterung und ein dickes Gesicht als Verletzungen davongetragen. Er hatte Kopfschmerzen und sei eine Woche krankgeschrieben.

Auf die Frage, welche psychischen Folgen er habe, sagt der Zeuge: „Nachdem was hier veranstaltet wird, nicht schön. Wenn jetzt Bewährung statt Gefängnisstrafe in Aussicht gestellt werden, ist das nicht so geil.“ Auch auf die Frage der Richterin, ob sie von den Bewohnern des Gelben haus nach dem Angriff angesprochen worden sind, äußert sich der Zeuge: „Da gab es ein paar Geschichten. Einmal sind wir mit der Kirmesgesellschaft vorbeigelaufen, ein Hund hat gebellt und dann hat jemand aus dem Gelben Haus gesagt, dass wir genau hinhören sollen, weil sie am Abend noch mit dem Hund vorbeikommen wollen.“ Im Vorfeld habe er nur die Graffiti am Haus gesehen, vom Steinwurf habe er erst im Nachhinein mitbekommen, er wisse nicht wer das gewesen sein soll. Vor dem Angriff sei lediglich eine Person vom Angeklagten Tony St. angesprochen worden. Dieser habe ihn gefragt, was im Saal los sei. Die Person habe ihm das später erzählt, aber nicht mehr an dem Abend. Er habe Tony St. gesagt, dass es eine Kirmesfeier sei.

Ob die Angreifer Gegenstände gehabt haben, könne der Zeuge nicht sagen. Er sei dann in das Hinterzimmer, nachdem er wieder bei Bewusstsein war und habe eine Person versorgt. Diese habe einen langen Schnitt am Hals gehabt und stark geblutet.

Rechtsanwalt Lippold, Verteidigung Thomas W., möchte wissen ob der Zeuge sich als Einziger dem Angreifer in den Weg gestellt habe, was dieser bejaht. Wer das mit dem Hund gesagt habe, könne er nicht sagen.

Rechtsanwalt Narath, Verteidigung Marcus R., möchte vom Zeugen wissen, wann dieser zur Feier gegangen sei und ob er etwas vorbereitet habe. Rechtsanwalt Gaspar, ebenfalls Verteidigung Marcus R., möchte wissen ob der Zeuge mit seiner Schwester darüber gesprochen habe, es soll darüber gesprochen worden sein, dass in dem Zimmer in die der Stein flog Kinder gewesen sein sollen. Der Zeuge hat daran keine Erinnerung.

Der Zeuge wird entlassen.

Die Richterin gibt zu Protokoll, dass die Schöffen mit dem Lesen der Urkunden begonnen haben, ebenfalls wird die Umladung einzelner Zeugen bekanntgegeben. Für den 23. Juni sollen die Zeugen Ricky N., Matthias P. Und eine weitere Person geladen werden. Die Nebenklage gibt an, dass sie auch weiterhin darauf besteht diese Zeugen alle zu hören. Die genannten Personen waren bereits als Angeklagte im ersten Prozess aufgeführt. Die Verfahren gegen sie wurden eingestellt oder endeten mit einem Freispruch.

Nach einer Pause erfolgt die dritte Zeugenvernehmung. Der Zeuge gibt an als Kirmeskapelle auf die Feier eingeladen worden zu sein. Der zeuge habe gefeiert und getanzt. Um Luft zu schnappen habe er mit einer weiteren Person den Saal kurz verlassen. Gegen 2 Uhr sei eine Person in den Saal gekommen und habe Stunk gemacht und gepöbelt, danach wurde der Saal gestürmt. Eine Person habe ihm einen Schlag an die Schläfe versetzt, woraufhin er dann zur Toilette getorkelt sei und sich eingeschlossen habe. Von dort habe er einen Ruf gehört „Wir müssen raus“. Irgendwann sei er dann wieder aus der Toilette rausgegangen. Der Saal sei voller Polizei gewesen und völlig zerstört. Dann sei er mit der Polizei ins Krankenhaus gefahren.

Ob es Servietten auf der Veranstaltung gegeben habe, könne er nicht mehr sagen, ebenfalls nicht in welcher Farbe. Als er auf dem Hof war, könne er nicht sagen ob jemand an ihm vorbeigegangen sei. Durch den Alkohol sei er eingeschränkt gewesen, Tunnelblick und nicht mehr gerade laufen. Die Richterin hält ihm vor, dass er bei seiner Vernehmung im Februar 2014 gesagt habe, dass er im Vorraum gestanden habe, als eine vermummte Person hereinkam. Der Zeuge erwidert, dass dies auch sein kann, es liege bereits sieben Jahre zurück. Die Person habe er nicht erkannt, sie sei vermummt gewesen und habe etwas auf dem Kopf gehabt. Im Saal habe er wahrgenommen, dass eine Person noch versucht habe die Tür zuzuhalten, dann sei eine große Menge an Personen reingekommen und er habe Schläge abbekommen. In der Erinnerung des Zeugen waren es zehn bis fünfzehn vermummte Personen. Ob die Handschuhe getragen haben, könne er nicht sagen. Die Richterin fragt, ob auch Frauen dabei gewesen sein sollen. Beim Rausgehen will der Zeuge auch vermummte Frauen gesehen haben. Eine Frauenstimme habe gesagt „Alle raus“.

Den Angreifer, welcher den Zeugen geschlagen habe, beschreibt dieser als etwas größer und vermummt. Der Schlag habe ihn direkt an der Schläfe getroffen. Er habe sich noch weggedreht und sei dann runter zu den Toiletten. Als Folge habe sein Kiefer mehrere Tage geschmerzt. Auf Veranstaltungen sei er vorsichtiger geworden und habe Selbstverteidigungskurse belegt um sein Sicherheitsgefühl wieder herzustellen.

Ob die Person, welche ihn geschlagen habe, die selbe gewesen sei, wie der Angreifer, könne er nicht sicher sagen.

Der Zeuge wird entlassen.

Nach einer kurzen Unterbrechung folgt die vierte Zeugenbefragung.

Der Zeuge gibt an, dass er Teilnehmer einer Kirmesnachfeier gewesen sei. Es sei ein Dankeschön für Helfer und Beteiligte der Kirmes gewesen. Beginn sei 18 Uhr gewesen. Gegen 1:30 Uhr oder 2:30 Uhr sei eine Person in den Saal gekommen und habe wegen einer kaputten Fensterscheibe geschrieben. Dann habe diese Person eine andere niedergeschlagen und man habe ihn versucht den Angreifer aus dem Saal zu drängen. Draußen haben dabei weitere vermummte Personen gewartet und dann auf die Anwesenden eingeschlagen. Der Zeuge wurde dann von zwei Personen über den Tresen geschmissen, dort habe bereits ein weiterer Geschädigter gelegen. Diese Person habe zu ihm gemeint, er solle besser liegenbleiben, was er auch gemacht habe. Das Ganze habe ca. zwei Minuten gedauert.

Er selbst war als Mitglied der Kirmesgesellschaft ab 17 / 18 Uhr bei der Feier. Ob es entsprechende Serviette gegeben habe, könne er nicht mehr sagen. Zur Alkoholisierung gibt der Zeuge an, dass er etwas stärker alkoholisiert gewesen sein soll. Durch das Adrenalin, war dies nach dem Angriff allerdings weniger zu spüren. Mit wem er im Saal stand könne er nicht mehr genau sagen, er wisse nur noch, dass er relativ weit neben dem Eingang an einem Tisch saß. Der Angreifer war vermummt mit einer Art Schal oder Sturmhaube, ob er Handschuhe getragen habe, könne er nicht mehr sagen. Aufgefallen sei ihm der Angreifer, als dieser reinkam und etwas wegen eines kaputten Fensters gerufen habe, dann habe er eine Person niedergeschlagen. Die Richterin hält ihm vor, dass er gesagt habe, dass die Frage direkt an die beiden Personen am Tresen gerichtete war. Daran könne sich der Zeuge heute aber nicht mehr erinnern.

Man habe dann versucht den Angreifer rauszudrängen, dann seien die anderen Angreifer gekommen. Ob auch Frauen dabei waren, könne er nicht sagen. Zuerst sei ein Angreifer auf den Zeugen los, dann kam ein zweiter hinzu. Zu zweit haben sie ihn über den Tresen geworfen, wo er liegenblieb. Durch Glasscherben habe er einen Schnitt an der Hand erlitten, durch den Wurf Rückenschmerzen. Nach 30 Sekunden sei das Kommando „Alle raus“ gekommen. Im Krankenhaus wurde dem Zeugen ein Splitter entfernt und er war eine Woche lang krankgeschrieben. Psychisch gibt der Zeuge an, dass es gehe. Aber das er nochmal zu Gericht kommen müsse und auf dem Zeugenstuhl sitzen müsse, während Angeklagte mit Fußfesseln da sind, belaste ihn. Er habe damit abschließen wollen. Die Richterin erwidert, man müsse den Sachverhalt aufklären und fragt, ob der Zeuge in therapeutischer Behandlung gewesen sei. Dies verneint er und gibt an, dass er weiter in der Kirmesgesellschaft aktiv sei.

Angreifer habe er, auf Nachfrage, nicht erkannt und konnte diese nicht zuordnen. Von den Bewohnern des Gelben Hauses, habe er nur gehört, dass diese das Haus gekauft haben und dort Leute einziehen wollten. Von Aktionen habe er gehört, er war selbst auf Demonstrationen im Dorf. Von einem Steinwurf habe er an dem Abend nichts gehört, nur das ein halbes Jahr zuvor schon ein Fenster kaputt gegangen sei. Vom Stein am besagten Abend habe er erst später erfahren.

Auf Nachfrage erklärt der Zeuge, dass die Stimme, welche „Alle raus“ gerufen haben soll, eine weibliche gewesen sein soll. Bei der polizeilichen Vernehmung soll er allerdings „männliche Stimme“ angegeben haben. Der Zeuge erklärt, dass es aus seiner jetzigen Erinnerung eine weibliche Stimme gewesen war. Die Anzahl der Angreifer schätzt er auf zehn.

Im Nachgang habe es keine direkte Konfrontation mit den Bewohnern des Gelben Hauses gegeben. Allerdings habe es ein ungutes Gefühl gegeben, an dem Gelben haus vorbeizugehen. Bei der Kirmes 2018 sei eine Person in den Saal gekommen, um zu fragen, wann der Bürgermeister Zeit hätte, dabei fühlte sich der Zeuge unwohl. Die Person habe einen Nazi-Gürtel mit einem Hakenkreuz getragen. Im Zusammenhang mit der Kirmes sei dies bedrohlich gewesen. Von einer Bedrohung mit einem Hund habe er nur gehört.

Im weiteren Verlauf geht es um die Kleidung des ersten Angreifers und welcher Geschädigte sich wo im Raum aufgehalten haben bei dem Angriff. Die Staatsanwaltschaft wirft ein, dass der Zeuge in einer früheren Verhandlung von „Quarzsandhandschuhen“ gesprochen habe, daran könne sich der Zeuge nun aber nicht mehr erinnern.

Der Zeuge wird entlassen.

Es werden die weiteren Zeugenladungen abgesprochen. Betroffene des Angriffs sollen nicht mehr als Zeugen geladen werden, jedoch besteht die Nebenklage auf Marcus B. und Thomas B., welche im ersten Prozess bereits als Angeklagte Teil des Prozesses waren.

Damit endet der Verhandlungstag.

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