Revision – 3. Verhandlungstag – 9. Juni 2021

An diesem Verhandlungstag wird der Beschluss zur Ablehnung des Befangenheitsantrags der Nebenklage verkündet. Es folgen die Einlassungen der Angeklagten Ariane Sch., Tim H., Kai L., Stefan F., Marcus R., Christian H., Tony St. und Thomas W. sowie teilweise Beantwortungen von Nachfragen zu den jeweiligen Einlassungen.

Vor dem dritten Verhandlungstag sammeln sich wieder Unterstützer der Angeklagten vor dem Gericht, darunter die Familie des Angeklagten Andre K.

Der Prozess beginnt mit der Ankündigung der Richterin, dass die Einlassungen der Angeklagten zu erwarten sind. Zuvor soll der Beschluss in Bezug auf den durch die Nebenklage gestellten Befangenheitsantrag verlesen werden.

Mit Beschluss vom 7. Juni 2021 wird die Ablehnung des Gerichts durch die Nebenklage als unbegründet zurückgewiesen, da maßgebend für eine Einschätzung der Befangenheit die Ansicht eines geistig gesunden Prozessbeteiligten sei und nicht die subjektive Ansicht einzelner Beteiligter. Eine Willkür bei der Strafzumessung liege nicht vor. Die 6. Kammer verhänge eine eigene neue Strafzumessung, weshalb es sich auch nicht um eine Milderung des vorherigen Urteils handele. Geständnisse und lange Verfahrensdauer sind zu Gunsten der Angeklagten auszulegen. Die Strafzumessung der Vorschläge lägen im Strafrahmen der angeklagten Taten. Die Zumessung sei daher weder abwegig noch willkürlich. Die Bindungswirkung für die Absprache entfällt, wenn sich aus der Beweisaufnahme völlig neue Umstände ergeben. Deshalb stehe noch nicht fest, dass die Strafen für Thomas W. und Marcus R. zur Bewährung ausgesetzt werden.

Es beginnen die Einlassungen der Angeklagten.

Als erstes beginnt Ariane Sch., welche ihre Einlassung durch ihren Anwalt verlesen lässt. Darin wird vorangestellt, dass die Ereignisse bereits sieben Jahre zurückliegen und keine Erinnerung an Details möglich sei. Sie war als Gast bei einer Geburtstagsfeier bei einem „Büschen“ in Suhl. Es sollen ca. 30 Leute anwesend gewesen sein und Alkohol getrunken haben. Sie selbst habe zwei bis drei Havanna-Cola und zwei bis drei Weinbrand-Cola getrunken. Eine genaue Erinnerung an die Abläufe habe sie nicht mehr. Im Laufe des Abends sei die Info gekommen, dass es zu einer Sachbeschädigung am Haus in Ballstädt gekommen sein soll. Daraufhin sollen ein paar Leute nach Ballstädt gefahren sein. Sie selbst sei mitgefahren, weil sie nicht selbst zur Feier gefahren sei und nicht gewusst habe, wie sie sonst zurückkommen sollte.

Ob im Auto über den Vorfall gesprochen worden ist, wisse sie nicht mehr. In Ballstädt wurde die kaputte Scheibe durch Thomas W. und andere begutachtet worden sein. Sie selbst stand am Auto. Die Gruppe habe sich in Bewegung gesetzt und ging zum Saal. Sie selbst sei mit Tim H. zum Saal gelaufen, hätte aber keinerlei Kenntnis vom Tatplan gehabt. Die Anderen standen vor dem Saal, während Thomas W. allein hinein ging. Dann seien alle die Treppe hoch und es habe gekracht. Sie denke, sie habe Thomas W., Marcus R., Stefan F. und David S. gesehen. Anschließend habe sie sich nach Gotha fahren lassen. Von den Geschehnissen selbst habe sie aus der Presse erfahren, wobei sie sich von Gewalt distanziere. Nachfragen werden von ihr nicht beantwortet.

Die Richterin möchte wissen, wie groß und wie schwer sie zum damaligen Zeitpunkt gewesen sei, damit dies für ein Alkoholgutachten mit einbezogen werden könne. Ariane Sch. gibt an sie sei 1,53 m groß und wiege 75 kg, dies sei auch damals so gewesen. Sie habe vier bis sechs Gläser getrunken und aufgehört als es nach Ballstädt ging. An die Uhrzeit habe sie keine Erinnerungen, da sie auf der Fahrt teilweise geschlafen habe. Das Gericht möchte ebenfalls wissen, wie groß die Gläser waren und wie sie sich gefühlt habe. Sch. gibt an, dass es große Gläser und starke Drinks gewesen seien, so dass sie auf alle Fälle angetrunken war. Auf einer Skala von eins bis zehn würde sie sieben sagen.

Als nächstes ist Tim H. an der Reihe und schweigt.

Zum Angeklagten Andre K. äußert die vorsitzende Richterin, dass der ursprüngliche Vorschlag mit einem Beschluss vom 17. Mai 2021 konkretisiert worden ist, dass die Aussetzung der Strafe zur Bewährung an eine Auflage gebunden sei. Dabei komme entweder eine Geldauflage oder eine andere gemeinnützige Leistung in Betracht. Aufgrund der aktuellen U-Haft kann diese Auflage bis zum Ende der U-Haft zurückgestellt werden. Das ursprüngliche Geständnis sei daher nicht verwendbar. Rechtsanwalt Bunzel stimmt dem zu sowie die Staatsanwaltschaft. Es wird an dieser Stelle ausgeführt, dass keine weiteren Ausführungen gemacht oder Nachfragen beantwortet werden. Es wird nur bestätigt, dass das Geschehen wie in der Anklage dargestellt, so gewesen sei.

Eine solche Verständigung gibt es ebenfalls beim Angeklagten Tony St., welcher dieser die Vorwürfe aus der Anklageschrift einräumt. Er habe die eingeworfene Scheibe gesehen und habe Andre K. angerufen. Er sei dann zum Gemeindesaal gegangen, wo eine Veranstaltung gewesen sein soll. Er ging daraufhin zurück zum Gelben haus. Gemeinsam sei man zum Gemeindesaal gegangen, da Thomas W. die Leute zur Rede stellen wollte. Man sei vermummt gewesen, weshalb Tony St. eine Schlägerei für möglich hielt. Er selbst sei als letzter in das Gebäude aber nicht in den Saal. Draußen sei ihm eine Person mit Blumenkohlohren aufgefallen, danach sei er wieder raus gegangen. Wer im Saal war, habe er nicht mitbekommen. Es tue ihm leid.

Die Richterin möchte wissen, ob er selbst vermummt war, was er verneint. Er sei außerdem nüchtern gewesen, da er Auto gefahren sei. Zur Alkoholisierung der anderen Beteiligten habe er keine Kenntnis, eine starke Alkoholisierung sei ihm jedoch nicht aufgefallen. Zum Bekanntheitsgrad mit den anderen Angeklagten kann Tony St. auf Nachfrage nur sagen, dass man sich seit der letzten Verhandlung noch grüße aber nicht extra treffen würde. Gegenstände seien ihm ebenfalls nicht aufgefallen, da die Gruppe mehr als zehn Personen zähle. Ob eine Frau dabei war, könne er nicht sagen. Seine Freundin, Christina H., befand sich zu dem Zeitpunkt im Gelben Haus. Zusammen mit Kai L. habe er vor dem Gebäude gewartet, ob die Angeklagte Ariane Sch. dabei war, könne er nicht sagen.

Die Initiative sei von Thomas W. ausgegangen, er habe es klären wollen. Tony St. sei vorher mit seiner Freundin durch das Dorf gefahren, um zu sehen ob man die Täter finden könne. Man habe Musik im Gemeindehaus gehört und sei davon ausgegangen die Serviette, welche um den Stein gewickelt war, aus dem Gemeindehaus stamme. Thomas W. habe nicht gesagt wie er was klären will. Er habe sich ein Bild machen wollen um nachzufragen wer es war um die Person dann zur Rede zu stellen. Jedoch habe er sich nicht vorstellen können, dass sich jemand dazu bekennt. Auf Nachfrage erzählt St., es habe vorher bereits einen Flaschenwurf durch eine Scheibe am Haus gegeben sowie ein Graffiti. Auf die Frage des Gerichts, ob es „Anfeindungen“ aus dem Dorf gegeben habe, bejaht St. und verweist auf Demonstrationen gegen rechts. Als das Gericht wissen möchte, wie von der Serviette auf die Veranstaltung im Gemeindehaus geschlossen wurde, bricht die Verteidigung von Tony St. die Befragung ab.

Als nächstes kommt es zur Einlassung von David S. Dieser lässt über seine Verteidigung erklären, dass es bei der ersten Erklärung vom ersten Verhandlungstag der Revision bleibe. Ergänzt werde nur, dass es einen gemeinsamen Tatentschluss mit den aufgeführten Personen gegeben habe. Fragen werden nicht beantwortet.

Es folgt die Einlassung von Stefan F., nachdem eine Verständigung zwischen Staatsanwaltschaft und der Verteidigung zustande kommt. Über seine Verteidigung wird erklärt, dass es richtig sei, wie es in der Anklage stehe. Stefan F. habe die vorgeworfenen taten begangen. Er sei in Suhl gewesen und habe von der Sachbeschädigung erfahren. Es sollte eine Klärung geben, dass es dabei zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommen könne sei klar gewesen. Er sei mit im Saal gewesen und habe eine Person über den Tresen geworfen. Zu weiteren Beteiligten könne er keine konkreten Aussagen treffen.

Es kommt ebenfalls bei dem Angeklagten Kai L. Zu einer Verständigung. Laut Rechtsanwalt Dann wolle man aber die Pause nutzen um diese zu präzisieren, weshalb diese zurückgestellt wird.

Bei dem Angeklagte Rocco B. kommt es ebenfalls zu einer Verständigung. Über seine Verteidigung gibt er an, dass er am 8. April 2014 keine Fahrerlaubnis besessen habe und deshalb als Beifahrer zur Feier nach Suhl gefahren sei. Vor der Hinfahrt habe er bereits fünf Flaschen Bier getrunken. Bei der Feier sollen ca. 30 Personen gewesen sein. Dort habe er fünf Flaschen Goldbrand-Cola und diverse kleine Liköre getrunken. Es soll zu einem Aufbruch gekommen sein von mehreren Personen, wobei er sich anschloss. Auf der Hinfahrt habe er von dem Stein erfahren, welcher durch das Fenster geworfen worden sein soll. Ebenfalls sei der Verdacht aufgekommen,dass sich der Täter unter den Gästen im Gemeindehaus befinde. Er selbst sei im Gelben Haus für längere Zeit auf das Klos gegangen. Als er wieder rausgekommen ist, seien alle bereits weg gewesen. Er habe eine Gruppe in Richtung Gemeindehaus laufen sehen und sei hinterher. Er sei vermummt gewesen und ging auf die Treppe. Dabei sei er von Personen festgehalten worden, wobei er nicht ausschließen könne im Chaos Personen verletzt zu haben. Weitere Angaben könne er dazu nicht machen. Bei den Geschädigten möchte er sich entschuldigen. Damals habe er 96 kg gewogen und war 1,76 m groß. Fragen werden nicht beantwortet.

Nach einer kurzen Pause folgt die Einlassung von Kai L., welche durch seinen Rechtsanwalt Alexander Dann verlesen wird. Er war am 8. Februar 2014 auf einer Party in Suhl, dort habe es die Nachricht gegeben, dass im Gelben haus eine Scheibe eingeworfen worden sein soll. Es sei eine Gruppendynamik entstanden und einige Personen fuhren nach Ballstädt um die Lage zu checken. Er selbst soll als Beifahrer mitgefahren sein, was auf einem Blitzerfoto zu sehen sei. In Ballstädt sei er ins Haus gegangen. Mit zwei ihm unbekannten Personen sei er zum Gemeindehaus gegangen. Dabei trug er Winterkleidung und habe sich vermummt. Er habe Schläge verteilt und einen Stuhl geworfen. Da er eine Person am Telefon gesehen habe, ging er davon aus, dass diese Person die Polizei gerufen habe. Er habe daraufhin das Kommando zu gehen gegeben. Er habe Marcus R. mitgezogen, welcher noch in einer Auseinandersetzung gewesen sein soll. Danach sei man gefahren. Er selbst sei nüchtern gewesen und bedauere seine Beteiligung, er wolle sich entschuldigen. Fragen werden nicht beantwortet.

Der Angeklagte Christian H. gibt an, nachdem es zu einer Verständigung kam, dass er seine Einlassung vom letzten Mal wiederhole. Er habe keine Erinnerungen, räume die Anklage aber ein. Sein Rechtsanwalt ergänzt, dass das Einräumen nur im Rahmen seiner Erinnerungen möglich sei.

Auf Nachfrage gibt H. an, dass er die Angeklagten aus der Jugendzeit kenne. Seit 2014 habe er keinen Kontakt mehr zu ihnen, da er sich mehr auf die Familie konzentrieren wolle. Mit manchen Personen sei er auch befreundet gewesen, wie Thomas W., Andre K. und Tony St., weshalb er schon vorher zu Besuch im Gelben Haus gewesen war. Aus der Presse habe er im Vorfeld schon von Demos im Dorf erfahren. Dass die Krimesgesellschaft überfallen worden ist, habe er auch durch die Presse erfahren, nachgefragt warum habe er nie. Es sei auch nie Thema gewesen, wie er nach Hause gekommen sein soll. Er habe nur die Vorladung erhalten und eine Hausdurchsuchung gehabt. Mit den anderen habe er sich nie darüber unterhalten. An Tatumstände könne er sich nicht erinnern, ebenfalls nicht daran was andere getrunken haben. Auf weitere Nachfragen antwortet Christian H. immer wieder, dass er keine Erinnerungen mehr habe und dies sieben Jahre her sei. Die Richterin fragt, ob er Erinnerungen an die letzte Verhandlung habe, was H. bejaht, es aber ebenfalls lange her sei. Dort soll er, laut der Richterin gesagt haben, dass Marcus R. ihm gesagt habe, dass er dabei gewesen sein soll. Die verneint H., er habe danach nicht mehr mit R. gesprochen. Was er vor der 3. Kammer ausgesagt habe, stimme nicht. Warum er dort Stefan F. und Marcus R. benannt habe, wisse er nicht mehr. Die Richterin fügt hinzu, dass dies kein Geständnis sei und nicht ausreiche. Widersprüche zur Aussagen vor der 3. Kammer müssen aufgeklärt werden. H. erwidert, dass seine jetzigen Aussagen Fakt seien.

Nach einer Verständigung zwischen Staatsanwaltschaft und der Verteidigung beginnt Marcus R. mit seiner Einlassung. Er gibt folgendes an:

„Das was ich jetzt sage ist die komplette Wahrheit. Ich habe es selbst geschrieben. Zusammen mit meinen Anwälten habe ich nur noch die Worte verfeinert. Ich kenne jeden einzelnen der Angeklagten. Alle waren Freunde, die meisten sind es noch, manche nicht mehr. Alle bis auf Steinau waren in Suhl und alle in Ballstädt. Ich räume die Vorwürfe ein. Ich war relativ nüchtern. Man hat sich auch im Nachgang über die Tat unterhalten.

Ich war auf dem Geburtstag von Sven B.. Es waren 30-40 Leute da. Viele waren voll. Ich trinke seit 2010 nicht mehr. Damals habe ich eine Therapie gemacht. An Weihnachten 2013 habe ich das erste mal wieder 1-2 Bier getrunken und seitdem immer mal 1-2 Bier, war aber nie mehr betrunken. An diesem Abend habe ich 2 Bier getrunken. Ich wäre aber auch ohne Alkohol mit nach Ballstädt gefahren. Es kam ein Anruf, dass es mal wieder einen Anschlag auf das Gelbe Haus gegeben hatte. Das war der 1. Tenor. Dann wurde bekannt, dass eine Scheibe eingeworfen worden war. Wir sind hingefahren, um Präsens zu zeigen und Gefahren abzuwehren.

Gerade aktuell sieht man welche Gefahr es gibt. In der letzten Zeit gab es zahlreiche Brandanschläge in Thüringen. Erst in der letzten Woche gab es einen Mordanschlag auf Tommy Frenck. Auch damals wäre so etwas möglich gewesen. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass wir in Ballstädt noch jemanden antreffen würden, wusste aber dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommen würde, wenn noch jemand da wäre. Es gab immer wieder Angriffe auf das Haus. Zuerst gab es friedliche Demos, dass Schmierereien und verklebte Schlüssellöcher und dann einen Feldstein durch die Scheibe. Bis dahin haben wir es immer versucht friedlich zu klären und uns an die Polizei gewendet, jedoch ohne Erfolg.

Ich bin mit einem Auto mit einem SOK Nummernschild nach Suhl gefahren. Ich kannte die beiden anderen Personen im Auto nicht und bin nur mit diesem Auto mitgefahren, weil meine eigentliche Mitfahrgelegenheit mit F. und L. schon losgefahren war. Bevor wir nach Ballstädt gefahren sind, waren wir noch in Gotha bei McDonalds und haben etwas gegessen. Ich bin zu diesem Zeitpunkt nicht davon ausgegangen, dass wir in Ballstädt noch jemanden treffen und noch etwas passiert. Als wir in Ballstädt ankamen, standen am Gelben Haus noch zwei Frauen. Ich habe gefragt, wo die anderen sind. Sie haben gesagt, dass sie zur Feier ins Gemeindehaus gegangen sind und dass Tommy hinwollte und H. einen Knüppel dabei gehabt hätte und Tommy Handschuhe angezogen hätte. Da sind bei mir alle Alarmglocken angegangen und ich bin hinterher. Dort auf der Treppe standen die Anderen. Ich bin auch auf die Treppe gegangen und habe durch das Fenster gesehen wie Tommy aus der Tür vom Saal in den Vorraum geflogen kommt und 5-6 Mann auf ihn einschlagen. Ich wollte rein und ihm helfen, andere wollten das auch. Als ich rein bin, wollte ich mir einen schnappen, habe aber einen Stuhl vor den Kopf bekommen und war ein paar Sekunden benommen und habe geblutet. Dadurch war ich noch wütender und habe mit dem Stuhl einen Spiegel eingeschlagen. Der erstbesten Person habe ich ins Gesicht geschlagen. Dann kam aber auch schon das Kommando rauszugehen. Das Ganze hat vielleicht eine Minute gedauert. Frau Sch. hat gerufen, jemand hat mich auch am Arm gezogen. Sch. und H. wirkten eher geschockt und waren nicht an der Auseinandersetzung beteiligt. Einen Knüppel habe ich bei H. nicht gesehen. Ich bin nach zurück zum Gelben Haus und von dort zusammen mit F. und L. gefahren. Sie haben mich nach Zella-Mehlis zu meiner Freundin gefahren.

H. habe ich nichts erzählt. Wir waren auch keine engen Freunde. Auch bei W. und K., mit denen er befreundet war hat er sich nicht mehr gemeldet. Sie haben gesagt: ‚Von Blinze hört man gar nichts mehr.‘ Das ist der Spitzname von H.

An der körperlichen Auseinandersetzung waren ich, H., S., F. und eine mir nicht namentlich bekannte Person beteiligt. Das waren die, die ich gesehen habe, es ist aber auch ewig her und der Saal war auch nicht gut beleuchtet.

Es war eine dumme, unüberlegte Aktion, die uns nichts gebracht hat. Mir tut es auch leid wie es gelaufen ist. Wir hätten die Polizei rufen sollen. Ich will es damit nicht entschuldigen, aber die Übergriffe haben sich damals gesteigert und die Leute hatten Angst, dass das Haus irgendwann brennt. Dass das möglich ist, sieht man ja auch gerade.

Ich werde Fragen von allen außer der Nebenklage beantworten.“

Auf Nachfrage des Gerichts gibt R. an, dass er sei 2010 nur an Weihnachten 2013 wieder etwas getrunken habe, danach nie mehr als drei Bier. Nach dem Abend sei ihm klar geworden, dass er gar keinen Alkohol mehr trinken dürfe. An dem Abend habe er zwei Bier getrunken, war 1,85 m groß und habe 120 kg gewogen.Stefan F. und Kai L. Waren laut R. relativ nüchtern, alle anderen betrunken, vor allem H. Letzterer soll zugeschlagen haben, ohne das R. dies konkretisieren kann. Man sei aus Solidarität nach Ballstädt gefahren und wollte Präsens zeigen. Laut seiner Aussage sei er nicht richtig vermummt gewesen, nur mit einem Schal und einer Mütze. Drin seien alle außer Thomas W. gewesen. Viele auf der Treppe, auf dem Vorplatz, da die Treppe voll gewesen sei. Thomas W. habe er erst durch das Fenster gesehen, wie er durch den Vorraum geprügelt wurde, weshalb er ihm habe helfen wollen. Dabei sollen fünf bis sieben Mann auf ihn eingeprügelt haben, als sich Marcus R. eine Person habe schnappen wollen, habe er einen Stuhl gegen den Kopf bekommen. Er habe selbst aber keine Gegenstände benutzt und habe es nicht in den Saal geschafft bevor das Kommando gekommen sei, den Raum zu verlassen. Aus dem Saal kamen laut R. die Angeklagten Thomas W., Rocco B., Kai L., Andre K., David S., Stefan F., Christian H. und zwei Unbekannte. Sch. soll geschrieben haben, Tim H. kreideweiß. Wer zugeschlagen hat, könne er nicht sagen. Auf die Frage ob sich R., F. und L. Im Auto unterhalten haben, gibt R. an, dass die Gespräche nicht von den Einlassungen der beiden abweichen würden. Kontakt habe er nicht mehr zu Christian H. und Tim H., der Kontakt zu Tony St. habe sich verlaufen. Zum Rest habe er noch Kontakt. Die tat soll in Gesprächen als „riesen Scheiße“ bezeichnet worden sein sollen. Man sei heute selbst davon überzeugt, man habe die Falschen getroffen. Man habe aufgrund der Serviette angenommen, der Täter sei auf der Feier im Gemeindehaus. Es tue ihm leid, aber „ihr“ Haus sei damals durch massive Gewalt angegriffen worden. Es sei ein riesen Stein gewesen, der jemanden hinter dem Fenster hätte verletzen oder töten können. Laut Marcus R. sei er durch einen geworfenen Stuhl verletzt worden, weshalb es später hätte genäht werden müssen. Der Gast den er geschlagen haben will, habe nicht geblutet, er sei nur umgefallen. Auch Thomas W. soll laut den Aussagen von R. aus dem Saal geprügelt worden sein, Stefan F. und Kai L. Sollen unverletzt geblieben sein. Generell habe er nur sich als verletzt wahrgenommen. Auf die Frage des Gerichtes, ob er nicht von einer Auseinandersetzung ausgegangen als er auf der Fahrt nach Ballstädt gewesen sei, sagte R., dass klar war das die Möglichkeit bestehe, dass es knallen könne. Ein Attest für die Verletzung habe er nicht mehr. Anschließend kann R. nicht mehr genau sagen wo sich W. befunden haben soll und ob er über niedergeschlagene Gäste am Boden hinweggehen musste um den Saal zu verlassen. Auf Nachfrage erklärt R., er habe seinen letzten Kontakt zu dem Angeklagten Tim H. kruz nach seiner polizeilichen Aussagen gehabt. Danach habe es keinen Kontakt mehr gegeben. Sein Rechtsanwalt Nahrath gibt zu Protokoll, dass R. ALG2 beziehe und ein wenig Zuverdienst habe. Er habe monatlich 550,00 € zur Verfügung. Auf die Frage des Gerichts, wie viel er arbeite, sagt R., dass er nur wenig arbeite und er Arbeitsstunden machen könne.

Anschließend unterbricht das Gericht für eine Pause. In dieser Zeit darf die Familie des inhaftierten Angeklagte Andre K. zu ihm in den Saal.

Nach der Mittagspause erfolgt die Verständigung zwischen Thomas W. und der Staatsanwaltschaft Erfurt. Über seinen Rechtsanwalt Lippold wird diese verlesen. Seit 2013 wohne er mit seiner Freundin, Hund und mehreren Bekannten in Ballstädt. Bereits vor dem Erwerb durch Andre K. habe es seitens des Staatsschutzes Einwirkung auf den den Erwerb gegeben. Seit dem Einzug sei es zu Anfeindungen gekommen, obwohl man lediglich dort habe wohnen wollen. Es seien Aufkleber und Schmierereien am Haus angebracht worden, es sei eine „Propagandabewegung“ gegen das ‚Gelbe Haus‘ entstanden. Wenig später sei ein Stein auf das Haus geworfen worden, welcher sei Fenster treffen sollte, aber nur die Fassade traf. Zu diesem Zeitpunkt habe es mehrere tausend Euro Schaden. Über das E-Mail Konto von Andre K. habe es eine E-Mail an die Bürgermeisterin gegeben, mit der Bitte zur Deeskalation und einem Treffen mit anderen Menschen im Dorf. Darauf habe man keine Antwort erhalten.

Am Abend des Vorfalls sei er in Suhl beim 34. Geburtstag von Sven Büschen gewesen. Er war ab 21 Uhr dort und weitere ca. 30 Gäste anwesend. W. beschreibt seinen Zustand als angetrunken. Kurz nach Mitternacht soll er eine Info von Andre K. bekommen haben, dass es einen Angriff auf das Gelbe Haus gegeben haben soll und eine Fensterscheibe eingeworfen worden sei. Seine Freundin sei alleine im Haus gewesen sein, weshalb er gleich los wollte. Er habe seine Freundin angerufen und gesagt, sie solle im Haus bleiben und alle Türen verriegeln. Mit vier Fahrzeugen sei man nach Ballstädt gefahren. Man habe erst den Verdacht gehabt, dass der Angriff aus dem ‚Juwel‘ in Gotha kam, weshalb man erst dorthin gefahren sei. Zur Unterstützung habe er mit Andre K. telefoniert. Da im Juwel alles ruhig war, sei man weiter nach Ballstädt gefahren und man habe sich den Schaden angesehen. Man habe dort bemerkt, dass es eine Veranstaltung im Gemeindehaus gab, wo W. die Täter konfrontieren wollte. Er habe dabei eine Totenkopfmaske sowie verstärkte Motorradlederhandschuhe angezogen um hinzugehen und es zu klären. Eine Auseinandersetzung sei für ihn wahrscheinlich gewesen. Vor dem Gemeindehaus habe er ein Pärchen gefragt, ob sie denn etwas wüssten, sie sagten, dass sie dazu nichts sagen könnten. Dann sei er alleine hinein gegangen, wobei er auf dem Tisch die roten Servietten habe liegen sehen. Er sei deshalb davon ausgegangen, dass der Täter auf der Veranstaltung ist. Er habe dann gerufen: „Wer war das mit de Scheibe?“. Anschließend habe er eine Person vom Barhocker gestoßen und eine weitere Person mit der Faust gegen den Kopf geschlagen. Dann habe er auf dem Weg zum Ausgang um sich geschlagen. Ein wildes Gerangel sei entstanden, wobei mehrere Leute in den Vorraum kamen um ihm zu helfen. Danach habe er keine weitere Körperverletzung begangen. Er sei dann mit seiner Freundin nach Gotha gefahren und habe die Maske sowie die Handschuhe aus dem Fenster geworfen, er entschuldige sich bei allen.

Auf Nachfrage der vorsitzenden Richterin gibt W. an, dass der Grad seiner Alkoholisierung sechs von zehn gewesen sei. Er habe 10 bis 12 Gläser Rum-Cola getrunken, auf der Feier sei er ab 21 Uhr gewesen, mit wem er gefahren sei, wisse er nun nicht mehr. Bis auf Steinau seien alle Angeklagten bei der Feier gewesen. W. selbst sei aufgrund der Scheibe erzürnt und in Sorge um seine Freundin gewesen, vom Angriff selbst habe die aber nicht mitbekommen.

Man habe erst schauen wollen, ob eine Veranstaltung im linken Haus sei. W. habe Unterstützung angefragt, da man von einer größeren Aktion aus Gotha ausgegangen sei.

An die Alkoholisierung der anderen habe er keine Erinnerungen mehr.

Aufgrund der Serviette sei er davon ausgegangen, dass es von der Veranstaltung im Gemeindehaus gekommen sei. Hätte sich der Verdacht nicht bestätigt, wäre er zurück gekommen. Er habe im Gemeindehaus die Dorfjugend erwartet und ging davon aus, dass die es waren. Seine Wut sei groß gewesen, er habe nicht ermitteln wollen, sondern Leute konfrontieren. Die Leute auf der Veranstaltung hätten ihn dabei nicht vom Gegenteil überzeugen können.

W. gibt weiter an, dass alle Angeklagten dabei waren. Markus B., welcher bereits im ersten Prozess freigesprochen wurde, sei ebenfalls in Ballstädt gewesen. Bei knapp 30 Personen im Saal des Gemeindehauses, habe er bereits vermutet, dass dies eskalieren könne. Die Leuten seien in kleinen Gruppen verteilt gewesen. Er sei an den Tresen gegangen und habe Stress gemacht. Der Angegriffene sei zu Boden gegangen und dann sei Chaos gewesen. Er selbst habe ebenfalls Schläge abbekommen. Er habe nicht um Hilfe gebeten, aber es sei zu einer Schlägerei gekommen, als er in den Vorraum gekommen sei. Wer in den Saal gegangen sei, könne er nicht zuordnen. Beim Rausgehen habe er Ariane Sch. und Tim H. fünf Meter vom Haupteingang entfernt gesehen. Kai L. und Rocco B. habe er vor dem Haus nicht gesehen und sei gegangen. Dann sei er mit seiner Freundin nach Gotha gefahren. Mit Christian H. sei der Kontakt dann abgebrochen, da dieser sich nicht mehr gemeldet habe. Mit Marcus R. habe er danach besprochen, dass es ein Fehler gewesen sei, man habe eine Spirale befürchtet, die sich nun nach oben schraube. Dies sei aber nicht eingetreten. David S. war laut W. ebenfalls in Suhl, er habe aber nur durch Erzählungen erfahren, dass dieser mit in Ballstädt gewesen sein soll. Rocco B., Stefan F., Marcus R. und Christian H. sollen drin gewesen sein. Davor habe er nur Ariane Sch. und Tim H. gesehen. Der Baseballschläger, den Tim H. mitgenommen haben soll, war laut W. sein eigener.

Die Vorsitzende Richterin wendet sich an die Verteidigung von Tim H., dass eine Einstellung nach §153a StPO eine Einlassung voraussetze. Rechtsanwältin Lehmann erwidert, dass der Vorschlag von der Staatsanwaltschaft abgelehnt worden sei. Sollte ein Signal von der Staatsanwaltschaft geben, wäre man zu einer Einlassung bereit. „Dann geben wir hiermit das Signal“, äußert die Staatsanwaltschaft. Rechtsanwältin Lehmann möchte die Einlassung bis zum nächsten Verhandlungstag zurückstellen, da eine Absprache nötig sei. Die Staatsanwaltschaft stellt klar, dass eine Einstellung möglich sei, aber ein Freispruch nicht in Aussicht stehe. Jedoch könne man, laut Rechtsanwältin Lehmann, nach der Einlassung sehr wohl darüber nachdenken.

Abschließend regt die Vorsitzende Richterin an über einen Opferfonds nachzudenken, bei dem die Geldauflagen eingezahlt werden könnten und unter den Opfern aufgeteilt werden. Es soll für die bestimmt sein, die Opfer von körperlicher Gewalt geworden sind. Man wolle, laut Gericht, Ungerechtigkeiten in der Aufteilung vermeiden.

Die Sitzung wird beendet.

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