Revision – 1. Verhandlungstag – 17. Mai 2021

Am ersten Verhandlungstag der Revision wird die Anklageschrift verlesen. Weiterhin werden die Absprachen und angebotenen Deals an die Angeklagten diskutiert, wobei ein Großteil der Angeklagten den Deals zustimmt. Ein Teil räumt bereits die Tatvorwürfe ein. Die Nebenklage reagiert auf die Angebote mit Befangenheitsanträgen gegen das Gericht.

Vor Beginn der Verhandlungen werden Thomas W., Andre K. und Rocco B. mit Hand- und Fußfesseln in den Saal geführt. Der Prozess beginnt dabei mit der Verlesung der Personalien sowie den jeweiligen Verteidigern.

Die Staatsanwaltschaft beginnt mit der Verlesung der Anklageschrift vom 15. April 2015. Den Angeklagten wird vorgeworfen, in der Nacht vom 08.02. auf den 09.02.2014. den Straftatbestand der gemeinschaftlichen schweren Körperverletzung begangen zu haben. Einige der Angeklagten wären gemeinsam bei einer Party gewesen und mit vier Autos nach Ballstädt gefahren, weil dort im sogenannten „Gelben Haus“ eine Fensterscheibe eingeworfen worden wäre. Die Angeklagten sowie eine weiterer unbekannter Mittäter hätten sich, ausgestattet mit Vermummungsutensilien und Quarzsandhandschuhen, zum Dorfgemeinschaftshaus in Ballstädt begeben, weil sie dort den Schuldigen für die eingeworfene Fensterscheibe vermuteten. Ariane Sch. und ein weiterer, nicht benannter Angeklagter hätten draußen Schmiere gestanden und die 13 übrigen Angeklagten wären bis in den Vorraum des Saals gegangen, während der Angeklagte Thomas W. diesen betreten hätte. W. habe hier, vermummt mit einer Totenkopfmaske, die Anwesenden nach der zerbrochenen Fensterscheibe gefragt und anschließend die erste Person mit dem linken Arm festgehalten und ihr zweimal mit der Faust mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen. Hierbei und im weiteren Verlauf habe er Quarzsandhandschuhe getragen. Durch die Schläge erlitt die betroffene Person ein Schädelhirntrauma, Prellungen und eine Risswunde im Gesicht, sie sei bewusstlos zu Boden gefallen. Daraufhin habe W. noch zwei weiteren Personen mit der behandschuhten Faust Schläge gegen den Kopf versetzt.

Die Anklageschrift lautet weiter wie folgt:

„Nachdem nunmehr die weiteren Teilnehmer der Feierlichkeit den Angeklagten Thomas W. verfolgt hätten, seien die im Vorraum wartenden Angeklagten herangestürmt und hätten, dem gemeinsamen Tatplan folgend, zumeist mit mehreren Angreifern gleichzeitig auf Personen der Festgemeinschaft eingeschlagen und getreten. Der Angeklagte S. habe sich an Schlägen und Tritten gegen drei Geschädigte beteiligt, die dadurch Prellungen und Risswunden erlitten hätten. Der Angeklagte F. habe einen Geschädigten über einen Garderobentresen geschleudert, dessen Spiegel der Angeklagte R. zuvor mit einem Stuhl zerschlagen gehabt habe. Dadurch habe ein Zeuge eine Schnittwunde an der Hand erlitten. Der Angeklagte H. habe einem weiteren Geschädigten einen Faustschlag gegen die Schläfe versetzt, wodurch dieser ein Schädelhirntrauma erlitten habe. Außerdem sollen es die Angeklagten billigend in Kauf genommen haben, dass durch den gemeinschaftlichen Angriff ein Geschädigter eine Kopfplatzwunde, ein Schädelhirntrauma und eine Absplitterung an einem Schneidezahn, ein weiterer Geschädigter eine Nasenbeinfraktur und ein Schädelhirntrauma, ein anderer Geschädigter ein Schädelhirntrauma und Platzwunden an Ohr und Auge sowie ein weiterer Geschädigter eine Zahnverletzung sowie Schürfwunden am Arm erlitten haben. Zwei Minuten nach Beginn des Angriffs habe die Schmiere stehende Angeklagte Ariane Sch. gerufen „Alle raus“. Daraufhin hätten die Täter die Flucht ergriffen.“

Es erfolgte die Verlesung des Urteils vom 24.05.2017. Darin wurden zehn Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Marcus B., Ricky N. und Johannes B. wurden freigesprochen.


Das Urteil wurde durch den BGH vom 15. Januar 2020 in der Revision aufgehoben und an eine andere Strafkammer zurückgewiesen. Als Grund wird verlesen, dass es aufgrund der Verletzung des materiellen Rechts sowie einer Sachrüge aufgehoben worden ist.

Es wird ausgeführt, dass Andre K. eine Immobilien in Ballstädt erworben hatte. Tony S. und Thomas W. waren neben K. Bewohner der Immobilie. Ende 2013 wurde am Haus eine Fensterscheibe zerstört. Am 8. Februar 2014 nahmen die Angeklagten an einer Geburtstagsfeier in Suhl teil. Tony S., welcher nicht an der Feier teilnahm, will in der Nacht eine zerstörte Fensterscheibe bemerkt haben sowie eine nahegelegene Veranstaltung im Gemeindehaus. Dabei handelte es sich um eine nicht-öffentliche Feier des lokalen Kirmesvereins. Die Angeklagten seien nach Ballstädt gefahren und verdächtigten die Teilnehmer*innen der Kirmesfeier. K. wollte die Polizei verständigen, Thomas W. wollte jedoch in das Gemeindehaus gehen um „die Sache zu klären“. Dabei entstand der Tatplan die Anwesenden anzugreifen. W. ging zunächst alleine in den Saal, während die anderen im Treppenhaus warteten. W. versetzte anschließend mehreren Personen Faustschläge auf den Kopf und verließ anschließend den Saal. Die anderen Angeklagten stürmten daraufhin den Saal und schlugen auf die Gäste ein. Es konnte nicht festgestellt werden, wer den Saal betreten habe und auf die Personen einschlug.

Die Verfahrensrügen versagen, die Sachrügen sind jedoch zulässig.

Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass einzelne Mitwirkung bei gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung nicht nötig sei. Das Urteil basierte auf den Aussagen des Angeklagten Tim H. und den DNA-Analysen. Das DNA-Gutachten genügte nicht den juristischen Ansprüchen. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, ob das Urteil durch Rechtsfehler beeinflusst wurde.

Weiterhin wird festgehalten, dass für die Telekommunitkationsüberwachungs-Unterlagen kein Beweisverwertungsverbot gelte.

Die Prüfung und Würdigung von einzelnen Belastungszeugen muss umfassend im Urteil kenntlich gemacht werden, was in diesem Urteil jedoch nicht der Fall war. Tim H. hat Angaben aus seiner polizeilichen Vernehmung in der Hauptverhandlung korrigiert. Hinzu kommt, dass die Äußerungen von W. abweichend von denen von Tim H. sind. Die Strafkammer hätte dies würdigen müssen. Daher werde das Urteil aufgehoben.

Das Gericht erteilt den Hinweis, dass eine Verurteilung wegen schweren Hausfriedensbruch bei einer Verurteilung nicht in Betracht käme.

Vorsitzende Richterin Rathemacher erklärt, dass im Vorfeld der Hauptverhandlung Vorabgespräche stattgefunden haben. Am 3. November 2020 stellte die Staatsanwaltschaft Erfurt einen Vorschlag für Verständigungen vor. Am 20. Januar 2021 fand ein Rechtsgespräch mit allen Verfahrensbeteiligten statt, wobei die Vorschläge unterbreitet worden sind. Am 1. Februar 2021 gab es einen weiteren Verständigungsvorschlag durch die Kammer. Die Verständigungsvorschläge sollen noch verlesen werden.

Nach einer kurzen Pause erklärt der Nebenklagevertreter Rechtsanwalt Hoffmann, dass es einen Befangenheitsantrag geben wird, sollte der Verständigungsvorschlag an Thomas W. und Marcus R. Bewährung enthalten.

Die Vorsitzende erklärt, dass alle Vorabgespräche in der Hauptverhandlung bekannt gegeben werden müssen und die Vorschläge vom 1. Februar an alle Beteiligten geschickt wurden.

Rechtsanwalt Hoffmann erklärt erneut, dass bei einer Verständigung in den beiden Fällen ein Befangenheitsantrag gestellt wird, schließlich seien Gründe für eine positive Prognose, welche eine Verkürzung der Haftstrafe rechtfertige, nicht sichtbar.

Nach einer kuren Unterbrechung erklärt die Richterin, dass die Befangenheitsanträge in den beiden Fällen einzeln zu stellen sind und die Vorschläge hinten an gestellt werden.

Es erfolgt die Verlesung der Verständigungsvorschläge.

An den Angeklagten Tony S. erging der Vorschlag bei einer umfassenden geständigen Einlassung die Strafe auf zehn Monate bis ein Jahr und zwei Monate zu verkürzen und auf Bewährung auszusetzen. Außerdem gelten zwei Monate der Strafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren als vollstreckt. Ausnahmen treten in Kraft, wenn in der Hauptverhandlung neue Tatsachen offensichtlich werden, die den Vorschlag als Strafmaß nicht mehr rechtfertigen oder das Verhalten des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht den Erwartungen des Gerichts entspricht. In einem solchen Fall darf ein im Rahmen der Verständigung erbrachtes Geständnis nicht verwendet werden. Das Revisionsrecht wird durch die Verständigung nicht berührt.


Die Verteidigung von Tony S. kündigt eine geständige Einlassung für den nächsten Prozesstag an.

Alle weiteren Vorschläge sind gleich gelagert, unterscheiden sich lediglich vom Strafmaß.

Bei Tim H. soll der Strafrahmen auf sechs Monate bis neun Monate auf Bewährung festgelegt werden. Die Verteidigerin Lehmann kündigt jedoch an, dass es bei diesem Strafrahmen keine Einlassung geben werde. Sie erklärt, dass nur bei einer Einstellung eine Einlassung in Erwägung gezogen werde.

Bei David S. wurde ein Strafrahmen von zehn Monaten bis ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung als Vorschlag unterbreitet. Bei der Erarbeitung des Vorschlages kam eine Gesamtstrafenbildung mit Urteil vom Amtsgericht Sonneberg vom 5. Dezember 2014 sowie dem Amtsgericht Hildburghausen in Betracht. Dies ist mittlerweile nicht mehr aktuell, da die Strafe vom Amtsgericht Sonneberg am 6. Juni 2015 bereits vollständig vollstreckt worden ist.

Seine Rechtsanwältin Budrowski erklärt, dass sich sein Mandant einlassen wird, er habe jedoch aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr so viele Erinnerungen. Es werde eine Einlassung als Verteidigererklärung erfolgen.

Die Einlassung erfolgt über den Rechtsanwalt Urbanczyk. David S. räumt den Vorwurf der Anklage vollumfänglich ein. Aufgrund des Zeitabstandes und Erinnerungslücken sind keine weiteren Detailangaben möglich. Rückfragen werden nicht beantwortet und die Einräumungen gelten nur für ihn selbst.

Die Richterin erklärt, dass zur gegebenen Zeit eine Mitteilung erfolge, ob diese Einlassung ausreichend sei.

Nebenklageanwalt Hoffmann beantragt, dass David S. mitzuteilen sei, dass eine Verständigung auf Grundlage dieses Geständnisses nicht zustande komme. Es handle sich nicht um ein umfassendes Geständnis, da keine Detailangaben gemacht werden, die für eine Verurteilung nötig seien.

Die Nebenklage schließt sich dem Antrag geschlossen an.

Nach einer kurzen Unterbrechung werden die weiteren Vorschläge verlesen. Für Kai L. Sei ein Strafmaß von zehn Monaten bis ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung sowie eine Gesamtstrafenbildung mit einer Geldstrafe vom Amtsgericht Suhl möglich. Sein Rechtsanwalt erklärt, dass sein Mandant mit der Verständigung einverstanden sei und eine Einlassung am nächsten Prozesstag erfolge. Die Staatsanwaltschaft stimmt ebenfalls zu. Eine Verständigung kommt zu Stande.

Beim Angeklagten Rocco B. ist ein Strafmaß von zehn Monaten bis ein Jahr und zwei Monate denkbar. Die Verteidigung erklärt sich einverstanden. Die Staatsanwaltschaft stimmt ebenfalls zu.

Die Nebenklagevertreterin, Rechtsanwältin Pietrzyk, erklärt ihr Unverständnis darüber, dass eine Verständigung in diesem Fall zu Stande komme. Der Vorschlag sei im Januar / Februar unterbreitet worden. Im Februar wurde B. festgenommen und sitze nun mit Fußfesseln im Gerichtssaal. Es sei unerklärlich, wie daran festgehalten werden könne. In der übersendeten Fassung der Vorschläge habe gestanden, dass neue Verfahren nicht bekannt seien. Die Änderung dieser Situation gelte es zu beachten.

Die Verteidigung von B. entgegnet, dass hier die Unschuldsvermutung gelte und das angesprochene Verfahren mit diesem nichts zu tun hätte.

Rechtsanwalt Hoffmann, von der Nebenklage, erwidert, dass die Grenze von einem Jahr Haftstrafe für Bewährung sehr wichtig sei, da bei über einem Jahr besondere Umstände vorliegen müssen, welche eine Bewährung rechtfertigen. Dafür ist auch ein neues Verfahren von Bedeutung. Diese sieht der Nebenklagevertreter nicht. Die Prognose für den Haftbefehl und die Bewährung decken sich nicht.

Die Richterin hält fest, dass eine Verständigung zu Stande komme.

Dem Angeklagten Stefan F. werden ebenfalls zehn Monate bis ein Jahr und zwei Monate unterbreitet. Verteidigung und Staatsanwaltschaft stimmen zu, eine Einlassung soll am nächsten Verhandlungstag folgen.

Ebenfalls zehn Monate bis ein Jahr und zwei Monate werden dem Angeklagten K. unterbreitet. Verteidigung und Staatsanwaltschaft stimmen dem zu. Die Nebenklage weißt auch hier daraufhin, dass eine Bewährung nicht nachvollziehbar ist. K. befinde sich in Untersuchungshaft und eine Prognose, er werde in Zukunft straffrei bleiben sei skurril. Rechtsanwalt Bunzel erklärt die Bedenken für unbegründet, wobei Rechtsanwalt Hoffmann entgegnet, dass eine konkrete positive Prognose vorliegen müsse.

Rechtsanwalt Bunzel räumt für seinen Mandanten die Vorwürfe vollumfänglich ein, Nachfragen werden nicht zugelassen.

Die Nebenklage wiederholt daraufhin den Antrag, dass diese Einlassung für einen Deal nicht ausreichend sei. Die Verteidigung erklärt, dass ein qualifiziertes Vollgeständnis nur erforderlich sei, wenn keine weiteren Beweismittel herangezogen werden können. Dies sei hier nicht der Fall.

Der Angeklagten Ariane Sch. wird ein Strafmaß von fünf Monaten bis ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung als Vorschlag unterbreitet. Die Verteidigung stimmt dem nicht zu, da aufgrund der langen Verfahrensdauer und der Feststellung zur Tatbeteiligung das Verfahren eingestellt werden soll. Jedoch wird für den zweiten Verhandlungstag eine Einlassung angekündigt, welche über die Verteidigung erfolge.

Christian H. wird ebenfalls ein Strafmaß von zehn Monaten bis ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung unterbreitet. Sein Rechtsanwalt Kohlmann erklärt sich grundsätzlich einverstanden. Es müsse aber über eine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund der starken Alkoholisierung nachgedacht werden. Sein Mandant habe aufgrund eines Filmrisses keine Erinnerungen mehr, daher können keine hohen Erwartungen an sein Geständnis gestellt werden.

Die Staatsanwaltschaft erklärt ihre Zuständigkeit, jedoch unter der Prämisse, dass ein Geständnis kommt.

Rechtsanwalt Hoffmann hakt ein, dass abgewartet werden muss, was als Geständnis komme. Wenn erklärt wird, es gäbe keine Erinnerungen mehr, dann kann es auch kein Geständnis geben.

Kohlmann erwidert, dass sein Mandant bei einer Feier in Suhl gewesen war, wo er sehr viel Alkohol getrunken habe. Er habe keine Erinnerung, wie er aus Suhl zurück nach Hause gekommen ist. Aufgrund der Gesamtumstände hält er es für möglich und wahrscheinlich an der Tat beteiligt gewesen zu sein.

Die Richterin möchte wissen, woran Kohlmann diese Wahrscheinlichkeit festmache. Christian H. gibt an, er gehe aufgrund der vorangegangenen Verhandlungen davon aus. Es folgt eine Befragung H. durch die Vorsitzende, nach seinen damaligen Trinkgewohnheiten. Er gibt an, er habe sich ab und an die Kante gegeben, mit Bier und Schnaps. Weder könne er sich an die damalige Getränkemenge, noch die Teilnehmer der Party oder den Hinweg nach Suhl erinnern. Er erklärt, dass es 20, vielleicht auch 50 oder nur 10 Personen auf der Feier waren, die Erinnerungen setzen erst am nächsten Tag im Bett wieder ein. Erinnerungen, wer dabei gewesen war, habe er nichtmehr. Später habe er dann eine Vorladung der Polizei bekommen. Gesprochen habe er nur mit seiner Frau und Familie über den Vorfall, zu anderen Beteiligten habe er den Kontakt abgebrochen. Fragen will er nicht beantworten.

Kohlmann ergänzt, dass eine Erinnerung an eine Party 2014 nicht mehr angenommen werden kann. Auch auf Nachfrage kann H. nicht erklären, woraus er aus erster Verhandlung ableite dabei gewesen zu sein. Die Richterin gibt an, dass H. in der ersten Verhandlung angegeben habe, es seien mehrere Autos nach Ballstädt gefahren. H. erwidert, dass das dann damals seine Erinnerung war.

Die Nebenklage beanstandet die Befragung, da H. immer wieder sage er habe keine Erinnerung. Es wird eine wörtliche Protokollierung der Befragung beantragt.

Nach einer Unterbrechung wird der Antrag zurückgewiesen.

Es folgt das Strafmaß für Marcus R. aus Suhl. Diesem wird ein Strafrahmen von einem Jahr und neun Monaten bis zwei Jahre auf Bewährung vorgeschlagen. Zusammen mit Strafen vom 1. Juli 2014, Amtsgericht Suhl sowie vom 3. November 2015, Amtsgericht Hildburghausen, kann eine Gesamtstrafe gebildet werden. Wenn für dieses Verfahren eine Einzelstrafe von einem Jahr und fünf Monaten bis einem Jahr und sieben Monaten angenommen wird, dann ergibt sich eine Gesamtstrafe von einem Jahr und neun Monaten bis zwei Jahren.

Bevor es weitergeht, meldet sich der Nebenklagevertreter Rechtsanwalt Hoffmann zu Wort. Er beantragt zwei Stunden zu unterbrechen, um einen Befangenheitsantrag vorzubereiten. Es seien keine Unterlagen vorgelegt worden, welche eine positive Prognoseentscheidung begründen. Die Staatsanwaltschaft sieht keinen Grund für eine Unterbrechung, da vorher klar war, dass Verständigungsanträge an diesem Verhandlungstag auf den Tisch kommen würden. Rechtsanwalt Hoffmann entgegnet, dass die Verminderung der Strafe eine Einladung an die Angeklagten sei, so weiterzumachen. Deshalb müsse die Nebenklage einen Befangenheitsantrag stellen.


Die Kammer zieht sich zu einer zehn Minuten langen Beratung zurück. Im Anschluss wird die Sitzung für zwei Stunden unterbrochen.

Weiter geht es mit dem Befangenheitsantrag der Nebenklage, vorgetragen von Rechtsanwalt Hoffmann.

Die Richter*innen und Schöff*innen sind wegen Befangenheit abzulehnen. Begründet wird dies wie folgt. Das Gericht haben eine innere Haltung gegenüber den Nebenklägern eingenommen, die Auswirkungen auf das Urteil habe. Deshalb bestehe Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richter. Zweitens sei das Urteil durch den BGH aufgehoben und das Verfahren neu aufgelegt worden. Die Staatsanwaltschaft stellte für Marcus R. ein Jahr und neun Monate auf Bewährung gegen ein Geständnis in Aussicht. Dabei wurde erklärt, dass eine Verteidigererklärung als Einlassung ausreiche. Ie Verteidigung von Marcus R. stellte ihr Einverständnis in Aussicht. Es wurde durch Rechtsanwalt Hoffmann eine Erklärung zur positiven Prognose der Angeklagten R. und W. von der Staatsanwaltschaft gefordert. R. habe zum Tatzeitpunkt bereits 15 Einträge im BZR gehabt. Mittlerweile sind es 19 Eintragungen. Eine Gesamtstrafe von einem Jahr und neun Monaten bis zwei Jahre mit einer Gesamtstrafenbildung aus dem Urteil des Amtsgerichts Hildburghausen wurde in Aussicht gestellt. Es wurde eine günstige Sozial- und Kriminalprognose angenommen. Dies wurde damit begründet, dass die letzte Verurteilung 2019 nur eine Geldstrafe war und die Tat aus 2017 stammte und damit R. seit drei Jahren nicht mehr kriminell gewesen sei und somit eine Bewährungschance bestehe. Drittens sei die Milderung von drei Jahren und sechs Monaten zu einem Jahr und neun Monaten nicht nachvollziehbar. Eine Strafe von unter zwei Jahren komme bei der vorliegenden Tat nicht in Betracht. Die Annahme einer positiven Prognose sei aufgrund der in der Tat und der Person liegenden Umstände nicht möglich. Es seien keine über die Vorstrafen hinausgehenden Erhebungen zur Persönlichkeit R. durch die Kammer erkennbar. Im BZR seien 19 Verurteilungen eingetragen. Seit 2011 wurden jedes Jahr mindestens zwei Straftaten begangen. Daher seien die Gründe für eine Bewährung nicht zu erkennen und eine Aussicht auf Bewährung für alle Angeklagten vor allem im Interesse einer schnellen Verfahrensbeendigung um jeden Preis. Die Staatsanwaltschaft habe im Vorgespräch gesagt „Ziel ist es einen Schlussstrich zu ziehen, mit dem alle Beteiligten leben können.“ Es wurde seitens des Gerichts argumentiert, dass keine passende Räumlichkeit für eine Hauptverhandlung zur Verfügung ständen und keine streitige Verhandlung aufgrund des Zeitablaufs möglich sei. Nach Ansicht der Nebenklage lägen keine praktischen Gründe vor, die gegen ein streitiges Verfahren gegen R. sprechen. Die Kammer hat das Angebot an R. gemacht, ohne dass die nötigen Voraussetzungen dafür erfüllt wären. Viertens werde beantragt, dass der Nebenklage die Namen der Gerichtspersonen zugänglich gemacht werden, welche an der Ausarbeitung des Angebotes beteiligt gewesen sind.

Die Staatsanwaltschaft sieht den Antrag als unzulässig an, da dieser hätte früher gestellt werden müssen. Alle nötigen Fakten seien schon vorher bekannt gewesen. Die Behauptung, dass die Strafmilderung willkürlich sei, sei gewagt. Eine Milderung von drei auf zwei Jahre sei nicht so groß. Man wolle keine zügige Erledigung um jeden Preis, sondern eine zügige Erledigung mit der alle Beteiligten leben können.

Die Verteidigung von David S. beantragt eine Unterbrechung sowie eine Abschrift des Befangenheitsantrags um Stellung nehmen zu können. Die Verteidigung von Andre K. schließt sich an.

Nach einer halben Stunde Unterbrechung wird fortgesetzt.

Rechtsanwalt Urbanczyk, Verteidigung David S., hält den Antrag für unzulässig. Er sei nicht unverzüglich nach der Besetzungsmitteilung des Gerichts gestellt wurden. Man hätte sich früher äußern müssen. Der Ablehnungsantrag sei nur künstlich nach hinter verlagert worden, um eine größere Pressewirksamkeit zu erzielen.

Rechtsanwalt Nahrath, Verteidigung Marcus R., hält den Antrag ebenfalls für unzulässig und unbegründet. Er sei verspätet eingereicht worden. Außerdem sei eine Verständigung mit seinem Mandanten noch nicht einmal zu Stande gekommen. Dennoch verkündet Nahrath die Zustimmung seines Mandanten zur Verständigung und kündigte eine Einlassung für den nächsten Verhandlungstag an. Die Staatsanwaltschaft stimmt dem ebenfalls zu.

Weiter geht es mit den Deals für die Angeklagten.

Für den Angeklagten Thomas W. wird ein Strafmaß von einem Jahr und neun Monaten bis zwei Jahre auf Bewährung angeboten.

Bevor sich die Verteidigung äußern kann, hakt die Nebenklage nach. Rechtsanwalt Hoffmann beantragt aufgrund eines unaufschiebbaren Antrags eine Dreiviertel Stunde Unterbrechung um einen Befangenheitsantrag vorzubereiten. Die Staatsanwaltschaft bringt auch hier den Einwand vor, dass der Antrag verspätet sei. Erwidert wird von Seiten der Nebenklage, dass eine Inhaftierung von Thomas W. zur Besprechung noch nicht bekannt gewesen sei. Daher ergebe sich eine vollkommen neue Situation. Die Verteidiger Urbanczyk und Bunzel sehen den Antrag nicht ohne weiteres als unzulässig und bitten um Frist zur Begründung.

Die Kammer zieht sich zu einer kurzen Beratung zurück und verkündet eine Unterbrechung von einer Dreiviertel Stunde.

Weitergeht es mit dem Antrag von Rechtsanwalt Hoffmann, welcher im ersten Punkt dem Befangenheitsantrag nach dem Angebot an Marcus R. gleicht. Zweitens habe der BGH das Urteil des Landgerichtes Erfurt aufgehoben und das Verfahren neu aufgerollt. Im Vorfeld habe eine Verfahrensabsprache stattgefunden durch die Staatsanwaltschaft mit Thomas W., bei welcher eine Strafe von einem Jahr und neun Monaten bis zu zwei Jahren auf Bewährung für ein umfassendes Geständnis in Aussicht gestellt worden ist. Die Besprechung fand am 20. Januar 2021 statt. Zu diesem Zeitpunkt habe die Kammer die Auffassung vertreten, dass eine Absprache nur als Gesamtlösung für alle Angeklagten in Betracht käme. Rechtsanwalt Klemke stimmte der Verständigung zu, gab aber an, dass ein Geständnis nur für seinen Mandanten und nicht für alle möglich sei. Die Staatsanwaltschaft hielt eine streitige für nicht möglich, da die Tat bereits sieben Jahre zurückliege. Die Staatsanwaltschaft wolle einen Schlussstrich ziehen, mit dem alle leben können. In der Vorbesprechung fragte Rechtsanwalt Hoffmann nach der Begründung für eine positive Prognose bei W. und R.. In einer Erklärung vom 1. Februar 2021 nahm die Kammer Abstand von der Einschränkung, dass eine Absprache nur als Gesamtlösung möglich sei und stellte auch Einzelabsprachen in Aussicht. Voraussetzung für diese Absprachen sei ein umfassendes Geständnis. Für Thomas W. wurden ein Jahr und neun Monate bis zu zwei Jahre auf Bewährung in Betracht gezogen. W. hatte zu diesem Zeitpunkt 24 Einträge im BZR. Der letzte war vom 30. April 2013. Nur einer davon war einschlägig und stammte von 1993. Die Sozialprognose wurde allein anhand des BZR getroffen, nach dem W. seit sieben Jahren nicht mehr verurteilt worden war und keine neuen Strafverfahren hatte. Somit sei nach Aktenlage eine Bewährung möglich. Am 22. Februar 2021 teilte die Verteidigung mit, eine Einstellung des Verfahrens wegen eines neuen Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Gera sei zu prüfen. Bis heute gäbe es keine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft dazu. Drittens sei die Strafe nicht nachvollziehbar und erscheint willkürlich. Ein mögliches Geständnis würde zu einem sehr späten Zeitpunkt kommen und steht einer enormen Beweislast und der Ankündigung weiterer Geständnisse anderer Angeklagter entgegen. Im vorigen Verfahren hatte der Angeklagte W. die gemeinschaftliche Körperverletzung bestritten. Eine positive Prognose anhand von Person und Tat sei nicht möglich. Er sitze seit dem 25. Februar 2021 in Untersuchungshaft. Im Haftbefehl werde ihm u.a. bandenmäßiger Handel mit Rauschgift seit 2019 vorgeworfen. Die Nebenklage habe den Eindruck gewonnen, dass das Gericht die Verhandlung um jeden Preis schnell beenden wolle. Die Kammer habe in der Begründung für die Absprache deutlich gemacht, dass W. nicht in einem neuen Verfahren angeklagt sei. Dies sei nun nicht mehr der Fall. Das neue Verfahren wird in der Absprache ignoriert. Der vierte Punkt ist wortgleich mit dem aus dem ersten Befangenheitsantrag im Prozess.

Rechtsanwalt Klemke beantragt eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme bis 19. Mai 2021. Diese Frist wird ihm gewährt.

Ungeachtet dessen verkündet Klemke, dass er und seinem Mandanten dem Angebot zustimmen, die Staatsanwaltschaft schließt sich an. Daraufhin erklärt Rechtsanwalt Klemke, dass sein Mandant den Tatvorwurf vollumfänglich einräumt. Nachfrage würden erst am nächsten Verhandlungstag beantwortet werden.

Die Richterin entgegnet, dass die Aussage, dass Tatvorwurf aus Anklage stimme, nicht ausreiche. Die gemeinsame Tatbegehung und -entscheidung sei wichtig und müsse im Geständnis deutlich gemacht werden. In der Beweisaufnahme sollen außerdem noch Zeugen gehört werden.

Das Gericht setzt eine Frist bis zum zweiten Verhandlungstag, zu entscheiden welche Urkunden in das Verfahren eingeführt werden sollen. Sowohl Verteidigung als auch Nebenklage beanstanden dies, weshalb die Frist bis zum 9. Juni 2021 verlängert wird.

Rechtsanwalt Bunzel erklärt, dass sein Mandant die ihm vorgeworfenen Taten einräumt und er diese im gemeinsamen Tatentschluss mit den anderen Angeklagten begangen habe.

Nach einer Diskussion zwischen Verteidigung, der Nebenklage und dem Gericht um eine bisher unvollständige Akteneinsicht, aufgrund einer nicht erhaltenen Beiakte, endet der erste Prozesstag mit den Anträgen zur vollständigen Akteneinsicht um 19:10 Uhr.

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